Der Anti-Theatermacher
Es ist müßig, wie David Barnett den Nachweis führen zu wollen, dass Rainer Werner Fassbinders Bedeutung als Theaterregisseur ebenso bedeutend gewesen sei wie die als Filmemacher; zumal der englische Theaterwissenschaftler dann noch glaubt, Fassbinders wesentlichen Beitrag zum deutschen Nachkriegsdrama nicht nur in den Stücken selbst nachweisen, sondern auch «in den unorthodoxen Regiestilen, derer er sich bediente», finden zu können.
Tatsächlich ist Fassbinder nur eine marginale Gestalt in der Geschichte des deutschsprachigen Theaters geblieben, wenn auch viele Trittbrettfahrer und Epigonen seines Werks und Wirkens nach seinem Tod in Stadttheatern seinem «textuellen Vermächtnis» Projekte abzugewinnen versuchen. Wenn auch viele seiner Stücke immer wieder aufgeführt werden, sind es doch mehr die Filme Fassbinders und deren Drehbücher, die von Theaterregisseuren für ihre Zwecke adaptiert werden.
Abgründig und liebevoll
Nur ganz wenige Inszenierungen führen zu einem herausragenden Ergebnis, wie Thomas Ostermeiers Bühnenfassung von «Die Ehe der Maria Braun» 2007 in den Münchner Kammerspielen oder zuletzt Martin Kusejs Inszenierung von «Die bitteren Tränen der Petra von Kant» am ...
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Theater heute Juni 2012
Rubrik: Magazin: Fassbinderforschung, Seite 70
von Klaus Völker
Ein ungarisch-österreichisches Grenzschloss bei Rechnitz Mitte des vergangenen Jahrhunderts atmet einen gewissen Stil. Die rautenbespannten Wände, die Reitstiefel in der Garderobe verbreiten gediegene Jagdschloss-Atmo, gleich kommt der Herr Graf um die Ecke und bittet zur Fuchsjagd. Stattdessen schauen fünf grinsend befrackte Schlossgespenster herein, edel...
Mäandernd durch Wirklichkeit und Einbildung, Wachträume und geborgte Erinnerungen erzählt Peter Handke in «Immer noch Sturm» vor allem vom Durchhalten, von dem Willen, sich mit Gefühl und Gehirn gegen das Vergessen, die Auslöschung, gegen den Ausverkauf der Identität zu wehren. Den Spuren seiner eigenen Familie nachforschend, lässt er seine Figuren straucheln,...
Ein Geschenk. Florian Etti hat die Bühne des Braunschweiger Staatstheaters als Geburts–tagspäckchen verpackt, mit rosalieblichen Streifen und abgerundeten Ecken, an denen sich trefflich abrutschen lässt, wenn sich jemand in rebellischer Wut gegen die Wände wirft. Das Bühnenbild mag zwar süßlich aussehen, aber man braucht sich nichts vorzumachen: Man sieht diese...