Debatte und Kunst
Es scheint, dass in Europa zur Zeit die Furcht vor der gegnerischen Provokation größer ist als der Drang zum Streitgespräch. Die Folge davon ist meistens ein freundliches Lächeln des Gegners. Deswegen: Nach der von vielen deutschsprachigen Theaterkünstlerinnen und -künstlern geforderten Absage des Podiumgesprächs «Die neue Avantgarde» im Züricher Theaterhaus Gessnerallee mit u.a. den Rechtspopulisten Marc Jongen (AfD) und Olivier Kessler (SVP) wird in der «Tages-Anzeiger»-Ausgabe vom Freitag, den 10.
März, dem «Vordenker» der Partei Alternative für Deutschland (AfD) eine ganze Seite mit großem Porträt zur Verfügung gestellt, sein «Demokratieverständnis» kundzutun. Sein Fazit: «Zur Demokratie gehört es, dass man den Gegner anhört. Und die Gegner haben sich als das demaskiert, was sie in mir sehen wollen: als Antidemokraten.»
Meines Erachtens stellen sich danach zumindest drei Fragen. Sie betreffen nicht das Ja oder Nein zur Gesprächsabsage, sondern befragen unsere Idee einer heutigen Theaterkunst, wie sie sich auf den deutschsprachigen Bühnen zeigt und ihre Widerspiegelung im politischen Alltag, z.B. eben im Unterschriftensammeln zur Verhinderung des Auftritts eines politischen ...
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Theater heute April 2017
Rubrik: Foyer, Seite 1
von Res Bosshart
Er musste tatsächlich damit gerechnet haben. Sehr lässig schlenderte Georg Friedrich auf die Bühne zur Preisverleihung, auf dem Kopf die Schiebermütze, im Ohrläppchen den Knopf, um den Hals die Krawatte, baute sich hinter dem Sprechpult auf und pulte sich das Kaugummi aus den Zähnen, um es sorgfältig auf der Tatze des Silbernen Bären festzukleben, den er gerade als...
Die Paradoxie des Begriffs «aufgeklärter Absolutismus» bringt E.T.A. Hoffmann in seinem Märchen «Klein Zaches genannt Zinnober» (1819) satirisch auf den Punkt: Die Geschichte fängt damit an, dass ein Fürst per Dekret die Aufklärung einführt. Zugleich werden alle Feen als «Feinde der Aufklärung» des Landes verwiesen. Eine von ihnen rächt sich für die Schmach, indem...
Ich habe die Szene noch vor Augen: Ein Kneipentisch im Freien, ein sonniger Berliner Vormittag, Carl Weber mit einer Gruppe von Studierenden, erzählend, erläuternd, mit dem jugendlichen Feuer, das er auch im hohen Alter noch ausstrahlte. Ich hatte ihn gebeten, bei Gelegenheit des Berliner Theatertreffens über Brecht und sein Theater zu sprechen. Ganze Seminare...