Aus Gründen
Alles ist klar, noch bevor irgendetwas erzählt oder gespielt wurde. Selbst mir, zugezogen, ohne nennenswerte Kenntnis der Lokalgeschichte, ist klar, was am Ende dieses Theaterabends über den Bombenanschlag auf eine Gruppe Sprachschüler:innen in Düsseldorf im Jahr 2000 stehen wird: eine Mehrheitsgesellschaft, die schweigt und rasend schnell vergisst; eine Polizei und Justiz, die versagt; Aktivist:innen, deren Wissen über Neonazis nicht zählt; Überlebende, die allein gelassen werden mit dem Schmerz und der Angst; eine rechte Szene, die einen weiteren Sieg verbuchen kann.
Dass der Ausgang deprimierend absehbar ist, macht «Dunkeldorf» nicht weniger relevant, im Gegenteil. Autorin Juliane Hendes und Regisseur Christof Seeger-Zurmühlen gelingt ein vielstimmiges, forderndes Bild der Ereignisse, das pars pro toto für ein Grundproblem der Bundesrepublik stehen kann: für das ewige Unterschätzen, Relativieren, Ignorieren rechten Terrors, Anschlag für Anschlag, Mord für Mord.
Könnte sein, dass gerade das Theater – als Medium der permanenten Wiederholung – eine so passende Form ist, um sich mit dem verdrängten Altbekannten neu zu konfrontieren.
Hendes und das Theaterkollektiv Pièrre.Vers haben ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute Oktober 2023
Rubrik: Chronik, Seite 60
von Cornelia Fiedler
Als sie erfuhr, sie werde die erste außereuropäische Programmdirektorin von Theater der Welt, bestimmte die Corona-Pandemie noch das Geschehen. Chiaki Soma, eine der wichtigsten Produzentinnen und Festivalmacherinnen Asiens, saß in Tokio fest und dachte über mögliche Schwerpunkte nach, die in zwei Jahren das Festival prägen sollten, das vom Zentrum Bundesrepublik...
Aufgestapelte Steine, verschnürt mit weißen Banderolen, sind auf dem großen Theaterplatz rund um die berühmte Goethe-Schiller-Statue verteilt; dazwischen stehen in weißer Farbe handschriftlich Namen, viele davon mit jüdischem Klang. Sie können mit einem Megafon am Pult mit den entsprechenden Lebensdaten vorgelesen werden. Der bildende Künstler Günther Uecker hat...
Tun wir es wieder / Und wieder / Und wider die Natur», singen Géraldine Schabraque und Sarah Plochl in der Kantine, die als Treffpunkt der queeren Subkultur im nationalsozialistischen Hamburg fungiert. «Wider die Natur» verbindet als elektronisch grundierter TripHop «Die Namenlosen – Verfolgt in Hamburg» aus seinem historischen Bezug heraus mit der Gegenwart. Er...