Alles in drei Prozent?
Man betritt den Theatersaal und ist verstimmt: Da hängt ein riesiger Spiegel und soll uns allen Ernstes «den Spiegel vorhalten»? Geht’s noch? Dieser Eindruck relativiert sich, wenn der riesige, das Publikum spiegelnde Spiegel plötzlich geneigt wird: Der obere Teil droht auf das Publikum zu fallen, wodurch unten auf der Bühne freier, aber enger Raum entsteht, indem die Akteure doppelt sichtbar werden und anstrengende und dramatische Dinge tun können wie durch blutverschmierten Schlamm kriechen.
Der kippende, zu fallen drohende Spiegel wäre nun nicht mehr der reflexive, in dem das Bürgertum sich selbst erkennen und ob seiner Lebenslügen zerknirscht werden soll. Es wäre vielmehr der Spiegel der Narzissten, der nicht der Erkenntnis, sondern der Selbstliebe dient: Dieser würde nun herunterknallen auf dieselben, und ohne Erkenntnis würden sie zermatscht.
Zwei Ideen
Hätte man das vertieft, hätte man was draus machen können. Denn die zentrale Idee in Jonathan Littells «Die Wohlgesinnten» ist nicht einfach, die grauenhaftesten Momente der Menschheitsgeschichte einmal und zur Abwechslung aus Täterperspektive zu erzählen, auch nicht den Skandal zu setzen, dass dieser Täter punktuell und ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute November 2011
Rubrik: Berlin, Seite 14
von Diedrich Diedrichsen
Die Intendanzen am Residenztheater München und am Düsseldorfer Schauspielhaus suchen neue Perspektiven
Heinz Bennent – ein Nachruf
nächster Stückabdruck: Iwan Wyrypajew "Illusion"
Die Theaterzeitschrift im 52. Jahrgang
Gegründet von Erhard Friedrich und Henning Rischbieter
Impressum
Herausgeber
Friedrich Berlin Verlag
Redaktion
Eva Behrendt
Barbara Burckhardt
Franz Wille...
Schon in der ersten Einstellung ahnt man, wohin der Hase läuft. Triumphierend tippt Jodie Foster alias Penelope Longstreet in den Rechner, dass der zehnjährige Ethan Cowen ihrem Sohn Zacharias auf einem Spielplatz in Brooklyn mit einem Stock zwei Schneidezähne ausgeschlagen hat. (Dass Zacharias und seine Bande Ethan zuvor grob zurückgewiesen haben, notiert sie...
Die Welt ist eine weiße Scheibe mit Absturzgefahr. Rausgebrochen aus einem Stück Himmel, das wie ein Heiligenschein über der Bühne schwebt (Bühne Claudia Kalinski). Alleinherrscher auf dieser Scheibe ist Minister von Walter (Moritz Dürr) als Stellvertreter des gottgleichen Präsidenten, der nie da ist, wie Sekretär Wurm (Oliver Simon) mit Blick nach oben anmerkt....