Alles fließt
Zu pessimistisch sei die Jugend von heute, heißt es. Aber das Gefühl, in einer Gesellschaft zu leben, die in aller Bequemlichkeit ihrem Untergang entgegentaumelt, das hatte auch Büchner 1836, als er sein Lustspiel «Leonce und Lena» schrieb. Da war er 22. Also spielt man das Stück in Düsseldorf mit fünfzehn jungen Menschen etwa zwischen 12 und 24. Da fließt dann einiges ineinander. Heute und damals, Rolle und Spieler, Büchners Text und Texte der Jugendlichen. Alle sind alle Figuren, und alle sind sie selbst.
Die Auflösung der Zuordnung von Darsteller:in und Rolle ist bei solchen Projekten notwendig, nur so können die unterschiedlichen Fähigkeiten der Jugendlichen gleichberechtigt zur Geltung gebracht werden. Hier gibt es also eine Leonce-Clique und einen Lena-Schwarm, und auch die beiden Gruppen wechseln ihre Identitäten. Unverändert bleiben vor allem Büchners Sätze. «Es ist ein Jammer. Man kann keinen Kirchturm herunterspringen, ohne den Hals zu brechen. Ich glaube es gibt Menschen, die unglücklich sind, unheilbar, bloß weil sie sind.» Das ist Büchners Pessimismus, der so rabenschwarz ist, weil er weiß, dass er grundlos ist, und der immer wieder in eine Art heiteren Zynismus ...
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Theater heute Februar 2024
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Gerhard Preußer
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