Alleinstellungsmerkmal Wagnisfreude

Nach einem Corona-bedingten Fehlstart hat Kay Voges das Volkstheater doch noch zum Erfolg gebracht

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Fucking Volkstheater.» Das Erinnerungsbuch zur fünfjährigen Direktionszeit von Kay Voges könnte keinen passenderen Titel tragen. Und dann ist das «Fucking» auch noch in dieser altdeutschen Schrift der satirischen Videos und Plakate, mit denen das Volkstheater im Zuge von Wahlkämpfen Haltung gegen Rechts zu zeigen versuchte. Dabei Geschmacksgrenzen bewusst überschreitend, brachte es diejenigen, denen es eh schon zu progressiv war, noch mehr gegen sich auf. «Fucking Volkstheater!», zischten sie.

«Fucking Volkstheater!», jubelten die anderen und nickten emphatisch im Sinne eines: «Oooh yeah!»

Dass viele Kay Voges nicht mögen würden, war abzusehen. Dass er so viele andere doch für sich und sein Theater würde gewinnen können, weniger. Als die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler den damaligen Chef des Schauspiel Dortmund im Juni 2019 als Nachfolger der eher glücklosen Anna Badora präsentierte, die sie zuvor höflich aus dem Amt geekelt hatte, regierte Skepsis. Voges stammelte etwas von Bier- statt Sektausschank als Markenzeichen eines Volkstheaters und lieferte den erwarteten Versprecher: Er sagte «Volksbühne».

In Wien hatte man von ihm als Guru des Digitaltheaters gehört (wobei ...

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Theater heute August-September 2025
Rubrik: Bilanzen, Seite 53
von Martin Thomas Pesl

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