Aberwitzig geil
Es atmet. Wie eine Gänsehaut über den Rücken, so kriecht das leicht verstärkte Atemgeräusch der sechs Performerinnen in Young Jean Lees «Untitled Feminist Show» hinterrücks in die Ohren. Erst hört man sie nur, dann sieht man sie auch: Zu beiden Seiten der Tribüne schreiten die Frauen langsam auf die weiße Bühne des HAU 2 hinab und sind – nackt. Nicht nackt im landläufigen Sinne von sexy, verführerisch oder auch Biologiebuch-neutral. Sondern geradezu erschreckend nackt.
Egal, ob muskulös durchtrainiert oder adipös aus dem Leim gegangen: Es ist die Nacktheit der Cellulitedellen, Reiterhosen und Hängebrüste, der sehnigen Unterschenkel, definierten Muskeln, ausgemergelten Oberarme, hervortretenden Adern, Falten, Hautunreinheiten und Narben, der Schwangerschaftsstreifen und nach Radikaldiäten erschlafften Hautlappen, der verblassenden Tätowierungen, wuchernden Achselhaare und gestalteten Intimfrisuren, die sich hier großzügig, scham- und schutzlos den Blicken darbietet. Bewusst breit ist das Spektrum der hierfür gecasteten Frauen: von der drahtigen Afrotänzerin über die breithüftige Durchschnittsblondine bis zur bulligen Butch. Und doch macht sie die Nacktheit bei allen Differenzen ...
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Theater heute Juni 2013
Rubrik: Festivals, Seite 40
von Eva Behrendt
Die Welt ist entfaltetes Leid.» Diesen Satz, den Michel Houellebecq 1991 in sein poetisches Manifest «Lebendig bleiben» schrieb, hätte Anton Tschechow hundert Jahre früher sicher unterschreiben können. So unterschiedlich sich das Leiden im Russland Ende des vorvorigen Jahrhunderts und im heutigen Frankreich auch entfaltet – Leerlauf und Einsamkeit umhüllen...
Besser hätte man es auch nicht inszenieren können, um die Geschichte richtig rund zu machen: Der Sieger des zehnten Körber Studios Junge Regie im Thalia Theater in der Gaußstraße heißt «Der souveräne Mensch», startet als Lecture Performance und landet hinter raumhohen schwarzen Samtvorhängen. Und es sind die Angewandten Theaterwissenschaftler aus Gießen, die ihn...
Fünf Figuren (so groß ist das Ensemble des Schlosstheaters Moers) auf Stühlen frontal zum Publikum (50 Menschen). Eine Talk-Show zum Thema Klimawandel; Moderatorin Dorothée Vogel hat sich viel vorgenommen. Rechts einer jener Wasserspender, aus denen man einen gesunden Schluck in einen Plastikbecher zapfen kann. Unter den Gästen: der ZDF-Wetterfrosch Dr. Jörg Dühne...