Die feinen Unterschiede
Der Horror beginnt ganz leise. Birgit Minichmayrs Gitti, PR-Frau beim Musikkonzern Universal, ist ein Mädchen zum Pferdestehlen: unkompliziert, humorvoll, selbstbewusst, und wenn sie ihren Freund halb zärtlich, halb trampelig Richtung Familiengründung zu bugsieren versucht («Komm, wir lassen mal die Kondome weg»), hat das unbedingt Charme.
Dazu passt ihr gewitzter Umgang mit Kindern, wie eine Szene am Anfang beweist, als sie Chris’ nörgelige kleine Nichte auffordert, zu ihr in verschiedenen Tonlagen «Ich hasse dich!» zu sagen, sich pantomimisch erschießen lässt und schließlich filmreif in den Pool stürzt. Aber hat sie nicht auch etwas – Ordinäres? Die goldglänzenden J-Lo-Shorts, die kurz unter der Pobacke abschließen, die überzupften Augenbrauen, die Art, wie sie das Kreuz durchdrückt: Das sind so habituelle Kleinigkeiten, die einen – wenn auch nur um Nuancen – anderen Hintergrund ahnen lassen als den ehrgeizigen und doch zutiefst mittelständischen von Chris’ Eltern, von dem sich der Sohn schon wieder absetzen will – nach oben.
Lars Eidingers Jung-Architekt Chris ist noch Kind genug, um aus Ingwerknolle und Streichhölzern «Schnappi» zu basteln, den er bei nächstbester ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Das könnte Sie auch interessieren:
"Die Liebe killt mich noch" - Birgit Minichmayr im Porträt
Das Rockstar-Ding - Nahaufnahme Lars Eidinger
Ich spiele auf Ihnen wie auf einem Instrument, die richtigen Töne werde ich irgendwann schon aus Ihnen herausbekommen. Ich verstehe, Sie sind also weder Hellseher noch Spekulant, Sie sind überhaupt unschuldig, haben Sie dem noch etwas hinzuzufügen? Fast erreicht und doch gescheitert, fast hätten wir die Bank saniert gehabt, wenn wir nicht gescheitert wären – sowas...
TH Christoph Schlingensiefs Produktion «Die Kirche der Angst vor dem Fremden in mir» ist mit weit über 400.000 Euro die teuerste Produktion, die es je beim Theatertreffen gab. Kann sich das Festival das leisten?
Iris Laufenberg Mit Hilfe der Ruhrtriennale und durch die persönliche Unterstützung von Christoph Schlingensief konnten wir die Kosten runterrechnen. Das...
Wer hätte gedacht, dass Shakespeares Hamlet einmal die Herausforderungen einer Weltfinanzkrise bestehen muss? Ausgerechnet Hamlet, einer der ersten dramatischen Europäer, der anfängt, auf offener Bühne über sich nachzudenken und prompt zu keinem klaren Entschluss mehr findet. Ausgerechnet Hamlet, der nicht einmal den Mord an seinem Vater rächen kann, ohne ein...