Die feinen Unterschiede

Vielleicht ist das ja das Paradies? Ein Paar, Anfang 30, mit Kindern im Ferienhaus der Eltern auf Sardinien. Drinnen mittleres Chaos, draußen strahlender Sonnenschein. Sie steht mit der Fünfjährigen in der Küche, er trägt behutsam das Baby herum und zeigt ihm zärtlich den Garten. So fängt Maren Ades auf der diesjährigen Berlinale mit gleich zwei silbernen Bären ausgezeichneter Film «Alle Anderen» an – und so könnte sie aussehen, die glück­liche kleine Familie, wenn nicht, wie sich gleich herausstellt, die Kinder eigentlich zu seiner Schwester gehören. Doch schon am nächsten Tag sind Gitti und Chris, auf die «Alle Anderen» sich radikal konzentriert, mit sich allein.

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Der Horror beginnt ganz leise. Birgit Minich­mayrs Gitti, PR-Frau beim Musikkonzern Uni­versal, ist ein Mädchen zum Pferdestehlen: unkompliziert, humorvoll, selbstbewusst, und wenn sie ihren Freund halb zärtlich, halb trampelig Richtung Familiengründung zu bugsieren versucht («Komm, wir lassen mal die Kondome weg»), hat das unbedingt Charme.

Dazu passt ihr gewitzter Umgang mit Kindern, wie eine Szene am Anfang beweist, als sie Chris’ nörgelige kleine Nichte auffordert, zu ihr in verschiedenen Tonlagen «Ich hasse dich!» zu sagen, sich pan­tomimisch erschießen lässt und schließlich filmreif in den Pool stürzt. Aber hat sie nicht auch etwas – Ordinäres? Die goldglänzenden ­J-Lo-Shorts, die kurz unter der Pobacke abschließen, die überzupften Augenbrauen, die Art, wie sie das Kreuz durchdrückt: Das sind so habituelle Kleinigkeiten, die einen – wenn auch nur um Nuancen – anderen Hintergrund ahnen lassen als den ehrgeizigen und doch zutiefst mittelständischen von Chris’ Eltern, von dem sich der Sohn schon wieder absetzen will – nach oben.

Lars Eidingers Jung-Architekt Chris ist noch Kind genug, um aus Ingwer­knolle und Streichhölzern «Schnappi» zu basteln, den er bei nächst­bester ...

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Theater heute März 2009
Rubrik: Magazin, Seite 57
von Eva Behrendt

Vergriffen
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