Im Reich der Schatten
Es sind die letzten Sätze in Heiner Müllers «Hamletmaschine»: «Es lebe der Hass, die Verachtung, der Aufstand, der Tod. Wenn sie mit Fleischermessern durch eure Schlafzimmer gehen, werdet ihr die Wahrheit wissen.» Und Dimiter Gotscheff, unverbrüchlich treuer Müller-Knappe des deutschen Theaters, implantierte sie wie ein Motto sowohl in Ben Jonsons «Volpone» in Berlin wie in Molières «Tartuffe» in Hamburg: der Aufstand der Dritten Welt gegen die Erste, von Heiner Müller schon 1977 prognostiziert.
In der ganzen «Hamletmaschine», jetzt von und mit Dimiter Gotscheff inszeniert in den Kammerspielen des Deutschen Theaters, gehören sie Valery Tscheplanowa, und sie spricht sie, barfüßig im gelben Kleid, mit gläserner Stimme und einem ruhigen Lächeln, das schaudern macht. Danach wird es dunkel, und ein Schrei gellt durchs Theater.
Es war das Ende eines merkwürdigen Totentanzes. Auch den Beginn hatte Gotscheff, sonst der Chefschauspieler des Abends, einem anderen überlassen, dem präzis maliziösen Alexander Khuon, mit einem Auszug aus Heiner Müllers poetischer Nachwende-Verzweiflung «Mommsens Block» von 1993, dem in einem Nobelrestaurant abgelauschten Dialog zweier Treuhand-Bänker, «Lemuren ...
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