Jokastes Kinder
In seiner bahnbrechenden Theorie um Ödipuskomplex und Penisneid hat Sigmund Freud den zweiten Part des Mythos komplett ausgeblendet: die Rolle der Jokaste. Jokaste? Genau, die Mutter, pardon: Frau des Ödipus, der mit ihr vier Kinder zeugte, nachdem er ihren Mann und seinen Vater erschlagen hatte. Diese vernachlässigte Figur aber soll, wie könnte es anders sein, in ihrer Doppelfunktion die sexuellen und psychischen Neurosen der Söhne (und Männer) (und vielleicht auch Töchter) zu verantworten haben (und damit den Urgrund für alle Probleme zwischen den Geschlechtern liefern).
Von dieser unbekannten Figur hat sich Fritz Kater für sein neues Stück inspirieren lassen, das er für Schauspieler*innen der Ensembles von Düsseldorfer Schauspielhaus und Volksbühne geschrieben hat, und das Armin Petras als Koproduktion in Berlin und Düsseldorf auf die Bühne bringen wird.
Die Überschreibungen von Fritz Kater sind besonders: Vor Jahren bekam er den Auftrag, für die Ruhrtriennale «Tristan und Isolde» zu überschreiben. Das Ergebnis, «HEAVEN (zu tristan)», wurde zu einer Liebesgeschichte in einer Plattenbausiedlung und zum Abgesang auf ein sterbendes Land – und war so weit vom ursprünglichen Stoff ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute Jahrbuch 2020
Rubrik: Neue Stücke, Seite 146
von Felicitas Zürcher
Pat To Yans Theatertext scheint so komplex wie das Land, in dem es spielt: das heutige China. Auf der einen Seite Deutschlands immer noch wichtigster Handelspartner, die Volksrepublik China mit ihrem kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Zentrum der kommunistischen Zentralregierung in Peking, und auf der anderen Seite die ehemalige britische Kronkolonie...
Ich befinde mich derzeit in einer Art Zwischenwelt. In meinem unmittelbaren Umfeld war nichts, was ich als katastrophal empfunden hätte. In dem Künstlerumfeld sind alle Überlebenskünstler und prekäre Situationen gewohnt. Sowas wie Bankrott gibt’s da nicht. Man hatte immer genau genug zum Überleben, und jetzt grad überleb ich auch. Es fühlt sich noch nicht an wie...
Keine Versammlungen mehr, kein Gegenüber mehr von Mensch zu Mensch – das war und ist hart für Theaterleute in Zeiten der Pandemie. Aber mindestens ebenso hart und zutiefst verunsichernd ist die allgemeine Planungsunsicherheit. Die darstellende Kunst ist zwar eigentlich die spontanste und unmittelbarste aller Künste. Es ist ja gerade ein Wesensmerkmal des...