Der verschwommene Körper

Der Tanz ist verschwunden. Keiner der Kariben überlebte, nachdem sie vor 500 Jahren empfangen hatten. Nur ein Zerrbild blieb. Ein Traumtanz auf den Antillen

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Das Wasser reicht Esteban bis zum Hals, alles um ihn herum ist Welle. Sonnenlicht bricht sich im Wasser, dessen sanfte Strömungen seinen Körper wie in einem Tanz mitreißen. Langsam durchdringt es seinen Körper, beraubt ihn seiner Konturen. Alle Bewegungen verschwimmen. Jedes einzelne Molekül gehorcht einer Musik aus Myriaden von Klängen. Seine Körperteile rasen, andere schwingen, ruhen, schweben. Die karibischen Rhythmen seines Insellebens verwandeln Esteban in ein Puzzle tanzender Moleküle.

In seinem Roman «El siglo de las luces» (Das Zeitalter des Lichts) erweckt der Autor Alejo Carpentier erstaunliche Phantasmagorien eines Körpers, wie ihn Kolumbus vor mehr als 500 Jahren gesehen haben könnte. Esteban, der Protagonist des Carpentier-Romans, soll  zumindest einer der Inselbewohner sein, die Kolumbus erblickte, als er im Oktober 1492 in der Karibik erstmals auf Land stößt.

Kolumbus begegnet den Inselbewohnern

Der Entdecker ist seit mehreren Wochen auf See, seine Männer sind müde und ausgehungert. Bis ihnen der Wind Landgeruch zuträgt. Vogelflug und im Wasser treibende Vegetation sind Vorboten eines bis dato ungesehenen Inselparadieses. Was Kolumbus zu Gesicht bekommt,  muss ihm ...

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Tanz Juli 2006
Rubrik: Körper, Seite 58
von Krystian Woznicki

Vergriffen
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