Das Gestern erahnen

Marco Goecke und die Ballets russes – das ist inzwischen fast ein Kapitel für sich. Dabei ist der Choreograf, der sich in Zürich gerade an «Petruschka» wagt, alles andere als ein Geschichts- und Geschichtenfanatiker.

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Ende letzter Spielzeit haben Sie in Stuttgart für Gauthier Dance ein abendfüllendes Nijinsky-Ballett erarbeitet. Und auch in der neuen Spielzeit beschäftigen Sie sich nicht eben zufällig wieder mit Ballettgeschichte: Sie choreografieren Strawinskys «Petruschka» für das Ballett Zürich. Wie kommt es zu dieser Auseinandersetzung mit der Vergangenheit? Wurde das von außen an Sie herangetragen? Oder geschieht es auf eigenen Wunsch? Der «Nijinski» stand schon immer auf meiner Agenda.

Aber «Le Spectre de la rose», eine meiner ersten Auseinandersetzungen mit dem Repertoire der Ballets russes, war tatsächlich ein Auftrag. Jean-Christophe Maillot hat mich um eine Neufassung für die Ballets de Monte Carlo gebeten. Ich muss gestehen, mich während meiner Tänzerausbildung nicht besonders intensiv um Ballettgeschichte bemüht zu haben. Deshalb bin ich für Angebote in dieser Richtung dankbar.

Wieso? Es drängt mich nicht unbedingt danach, mich mit Vergangenheit zu beschäftigen. Aber wenn mir jemand so etwas anbietet, muss ich nicht hundertprozentig aus mir schöpfen. Es gibt eine Idee, eine Geschichte oder einfach Eckdaten, an denen ich mich abarbeiten kann.

Einen Kristallisationskern? Genau. Für ...

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Tanz Oktober 2016
Rubrik: Traditionen, Seite 54
von Hartmut Regitz

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