Sidi Larbi Cherkaoui

Zwischen zwei Kulturen aufgewachsen, ist aus ihm der Globetrotter des Tanzes geworden. Über seine persönlichen, politischen und künstlerischen Erfahrungen mit Grenzen spricht er mit Eva-Elisabeth Fischer

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Sidi Larbi Cherkaoui, gibt es eine Grenze, vor der Ihre Vorstellungskraft zeitbedingt kapitulieren würde, etwa wenn Sie wie jetzt gerade die Barockoper «Les Indes galantes» in München inszenieren?
Das ist alles immer eine Frage des Einfühlungsvermögens. Wenn Sie mit einem Charakter konfrontiert sind, der einen Sklaven hält, ist es schwierig, sich in ihn einzufühlen. Das ist etwas, das ich heutzutage nicht realistisch finde. Also muss ich etwas finden, um dies zu überbrücken.

Zur Entstehungszeit dieser Oper hatte dieses Sujet etwas Exotisches, das heute nicht mehr relevant ist. Deshalb wollte ich für solche Zuschreibungen Metaphern finden, die den Personen erlauben, etwas anderes zu sein. Die Grenze der Vergangenheit ist eine Grenze der Werte. Die Werte haben sich verändert.

In anderen Ländern gibt es nach wie vor Sklaven.
Ich weiß. Als Regisseur kann ich aber nur mit dem Wertesystem arbeiten, in dem ich sozialisiert wurde. Also geht es erst einmal um meine subjektiven Erfahrungen – als Schwuler, als Araber, als Vierzigjähriger, als Choreograf, als Tänzer. Da gibt es eine Menge Dinge und Vorurteile, mit denen ich lernen musste umzugehen. Ich habe Missbrauch gesehen, Ungleichheit ...

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Tanz Jahrbuch 2016
Rubrik: Choreografen: Zur Sache, Seite 14
von Eva-Elisabeth Fischer

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