Wolfsburg: Lin Hwai-Min «Formosa»

«Wir haben unser Land verändert!» Nur wenige Künstler können das von sich behaupten. Lin Hwai-min, der 1973 in Taipeh das Cloud Gate Dance Theatre gründete, gehört dazu. Nun zeigt er sein vielleicht letztes Werk für die Kompanie, eine Hymne an die Heimat in Tanz, Poesie, Gesang und Schrift. Der Titel, einst der offizielle Name Taiwans, bedeutet in etwa «wundervoll». «Heute ist die Insel weniger schön, wegen des Raubbaus an der Natur», sagt Lin. Im Herzen ist er ein Umweltschützer. In «Rice» tanzte die Truppe eine Hommage an die Zyklen der Reisfelder.

In «Formosa» sucht Lin Sanftheit und Ausgleich. Dabei werden auch Konflikte ausgetragen, in raubtierhaften Duellen oder Infanteriegefechten. «Die kämpfen wirklich!», betont Lin immer wieder und verweist auf Tradition, Geschichte und Aktualität: «Die Chinesen teilten die Insel gewaltsam unter sich auf, und heute prügeln sich unsere Abgeordneten im Parlament, weil sie um Aufmerksamkeit buhlen.»

Das Stück ist sein Vermächtnis, sein Beitrag zum Dialog. Die Tänzer der Truppe sind in Martial Arts, Meditation und Ballett ausgebildet. Die Fusion der Kulturen in «Formosa» ist somit kein choreografisches Artefakt, sondern beginnt im Körper ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz April 2018
Rubrik: Kritik, Seite 41
von Thomas Hahn

Weitere Beiträge
Amsterdam: Nederlands Dans Theater 2 «Sum Thoughts»

Vierzig Jahre alt und doch so jung wie am ersten Tag: 1978 von Jirí Kylián unter dem Namen «Springplank» als Sprungbrett für den tänzerischen Nachwuchs gegründet, hat sich Nederlands Dans Theater 2 im Lauf der Zeit nicht nur zu einer Konkurrenz im eigenen Haus gemausert. Sich ständig erneuernd, ist das Ensemble zu einem Vorbild für so viele Junior-Kompanien...

Physisches Denken

Wir treffen uns im Barbican, Londons architektonisch markantestem Kulturzentrum. Obwohl Daniela Neugebauers androgyne Oversize-Klamotten aufs Verschwinden ausgelegt scheinen, sticht sie mit ihrem pink gebleichten Haar sofort ins Auge. Wir tragen unsere Teetassen in eine stille Ecke irgendwo tief im Bauch des bruitistischen Ungeheuers, das wir beide sehr schätzen....

Highlights 4/18

Bologna: Live Arts Week

Live Arts nannten es die Briten in den 1990er-Jahren. Die bildende Kunst betrat die Tanzbühnen. Und sie tut es weiterhin, zum siebten Mal nun im italienischen Bologna, erstmals auch in den historischen Räumen der Galleria d‘Arte Moderna. Die «Live Arts Week» will eine künstlerische Forschung am Körper sein, ein Laboratorium des Tanzes mit...