Wilde Zeit
Corona war der große Elefant im Raum, bei den Tanzfestivals in Berlin, in Montpellier und in Wien. Das Virus entschied mit jedem Testergebnis, ob alles wie geplant stattfinden konnte. Karl Regensburger, Intendant beim Wiener «ImPulsTanz», zeigte sich zur Festivalhalbzeit sichtlich besorgt: «Wir mussten schon eine Performance verlegen, bei einer anderen hoffen wir, dass die Tänzer rechtzeitig wieder gesund werden. Im Büro eine Welle an Ausfällen. Wir arbeiten ja eh schon an der Grenze, und man kann nicht alles über Homeoffice lösen, speziell in einem Festivalbetrieb.
Du musst vor Ort sein, und irgendwann sind die Kapazitäten und Ressourcen erschöpft.» In Montpellier musste das Gastspiel von Anne Teresa De Keersmaeker abgesagt werden, weil sich ein größerer Teil der Kompanie infiziert hatte. Trotzdem endete die Saison mit guter Laune und beachtlichen Zuschauerzahlen.
Die Begeisterung des Publikums überwältigte Virve Sutinen, künstlerische Leiterin beim Berliner «Tanz im August»: «Wir alle waren dankbar, dass wir uns treffen und in den Arm nehmen, ja, dass wir überhaupt wieder live zusammenkommen konnten. Ich glaube, uns hat überrascht, wieviel Emotionen dieses Wiedersehen auslöste ...
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Tanz 11 2022
Rubrik: Ideen, Seite 48
von Claudia Henne
Explizit und kompromisslos, brutal, unbeschönigt und selbstbewusst: Florentina Holzingers «Ophelia’s Got Talent» stellt sich zur Spielzeiteröffnung an der Volksbühne Berlin sowohl als Publikumsmagnet wie auch als kleine Theatersensation heraus. Wie oft bei Holzinger steht der Frauenkörper im Vordergrund und wird hier mythologisch und ikonografisch mit dem Element...
Immer wieder erstaunlich, wie der Bühnenraum das menschliche Antlitz verändert, moduliert, sich selbst entfremdet. Da kreuzt ein Mann in kurzen Pluderhosen auf, über und über mit Pailletten bestickt. Sie senden lauter kleine Blitze Richtung Publikum, während der schreiend rote Mund herrisch befiehlt: «Liebe mich!» Der Kopfputz – halb Bischofsmütze, halb royales...
Aus ihren Augen funkelt der Zorn, sie blecken die Zähne und tanzen, als wären sie vom Teufel besessen – wobei der ein Kalligraf sein muss. In Münster sind die «Furien» los: Ein knappes Dutzend Tänzer*innen rennt, springt und stampft mit einer ungeheuren Intensität und in wil den, virtuosen Variationen gegen eine kosmische Kraft an. Diese, niemand Geringeres als...