Tänzer in Teilen
Die Liebesgedichte aus dem Mittelalter waren Gesänge vor dem Fenster der Angebeteten. Die Jungs priesen den Körper der Bewunderten von Kopf bis Fuß. Immer schön der Reihe nach. Von ihrem glänzenden Haar zum lieblichen Gesicht, und Stück für Stück immer weiter hinab, den makellosen Körper entlang bis zum zierlichen Fuß. In der orientalischen Dichtung erscheint der so besungene Körper wie eine Mahlzeit: Dein Busen apfelrund, Deine Haut weiß wie Milch, Deine Beine lang wie die Läufe der Antilope. Man hatte die Geliebte zum Fressen gern und nähme sie am liebsten mit Haut und Haar.
Das chinesische I Ging, das Buch der Weissagungen, sah die Körperteile etwas pragmatischer: «Das Schöpferische wirkt im Haupt, das Empfangende im Bauch, das Erregende im Fuß, das Sanfte in den Schenkeln.» Worauf Tänzer sich stützen, Beine und Fuß, sind auch im Fernen Osten erotisch. Über das Gesicht aber heißt es: «Das Abgründige wirkt im Ohr, der Schein im Auge, das Stillhalten in der Hand, das Heitere im Mund.»
Tanzen, denkt man, findet darum vom Hals erst abwärts statt. In einem Gelände, das Furcht und Begehren zugleich erregt. Seit je zerlegen Tänzer den Körper in Teile. Was sie überhaupt erst tanzen ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Hammerzehen, Hühneraugen und Hornhaut, Knick-Spreiz-Senk- oder Schweißfüße, Nagelpilz und Warzenbefall – was kann man nicht alles Hässliches haben an seiner Basis. Auch das sind Gründe, den Fuß zu verhüllen. Um ihn damit auch zu erotisieren. Fetisch Fuß. Ist nicht der weibliche Fuß oder Schuh ein Ersatzsymbol für das vermisste Glied des Weibs? Trost für den...
Wann immer sich in der neuen «Giselle» des Dresden SemperOper Ballett etwas Entscheidendes tut, lässt David Dawson Blumen sprechen. Mit Kirschblüten überhäuft Albrecht seine Geliebte im ersten Pas de deux, als wolle er so ihre fragile Schönheit fassen. Blutrote Blätter «beflecken» Giselle auch während der Wahnsinnszene und deuten auf einen frühen Tod. Am Ende des...
Cyd Charisse war keine brillante Schauspielerin, sie war ein Typ. The vamp in the wedge cut aus «Singin’ in the Rain» (1952) machte sie in nur fünf Minuten Leinwandzeit berühmt. Die Lady Unberührbar mit dem inneren Feuer, die kalte Göttin mit dem heißen Geheimnis. Streckenweise ein bisschen – fad. Eleanor und Jane Powell, Judy Garland und Rita Hay-worth, Kathryn...