Paul Chalmer: «Giselle»
Der Schürzenjäger ist enttarnt, der Geliebten bricht das Herz, ihr Tod kommt schnell. So manche Diva hat diese Szene genüsslicher ausgeschlachtet. Selbst im Wahnsinn und im Sterben – Oksana Kulchytska exponiert ihre Giselle nicht mehr als nötig. Es fiele aus dem Rahmen. Paul Chalmers «Giselle» ist werktreu aus Überzeugung, das aber so zart und bescheiden, als zeige sie auf den Schemen eines verehrten Vorfahren, von dem man noch viel lernen kann.
Effekthascherei ist nicht Chalmers Stil.
Aber, alle Achtung, was man sich vorgenommen hat, ist gelungen: abseits deutscher Ballettzentren eine wirklich schöne Klassikeradaption. Vorsichtig akzentuiert und der Kompanie gewissenhaft zugemessen, von dieser in den solistischen Partien anrührend und charakterfest gespielt, wenn auch nicht extravagant. In den Gruppenszenen so akkurat synchron und harmonisch getanzt, als wäre das keine Seltenheit. Ist es aber. Erst recht im zweiten Akt, wo zwanzig verschleierte Grazien, umhüllt vom blauen Schleier der Melancholie, sich bewegen wie ein Körper. Da verdichten sich Träume zu flüchtiger Präsenz, die den Tod überwindet ... Müssten jetzt nicht alle glücklich sein?
Eine Dekade lang gab das Leipziger ...
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