Opfer für Europa

Schiitische Rituale, von Beethoven unterwandert: Hooman Sharifi erweitert den europäischen Traum. Im «Sacre»-Modus

Die Frage kommt überraschend: Wann ist man zuletzt persönlich von den Mitwirkenden eines Stücks begrüßt worden, während man im Saal saß und auf den Beginn wartete? In Hooman Sharifis «Sacrifice While Lost in Salted Earth» geschieht genau das. In einem außergewöhnlichen Prolog schickt der in Norwegen lebende Iraner seine Truppe zur Kontaktaufnahme mit dem Publikum, auf Tuchfühlung zwischen den Stuhlreihen. Da wenden sich Individuen an Individuen, und doch geht es um die Gemeinschaft.

Es ist denn auch ein echter Post-Lockdown-Trend in der Tanzwelt, dass Zuschauer*innen und Interpret*innen einander wieder erfahren wollen. Man geht runter von der Bühne, zumindest zeitweise. «Hello, I’m Roza» oder so ähnlich stellen sich die Tänzer*innen in diesem unerwarteten, gänzlich unchoreografischen Prolog vor, kurze Dialoge mit dem Publikum inbegriffen. Zur Uraufführung Ende Juni vergangenen Jahres im Rahmen von «Montpellier Danse» war das endlich wieder möglich, trotz erneut ansteigender Infektionszahlen. Den Mundschutz trugen da nur noch der stets vorbildliche Festivalleiter Jean-Paul Montanari und wenige andere.

Die Rückkehr der Kontaktfreude erzeugt Frühlingsgefühle, ganz im Sinn der ...

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Tanz 1 2023
Rubrik: Produktionen, Seite 14
von Thomas Hahn

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