Im Garten der Lüste
«Take my lovely illusions», singt Marlene Dietrich. Wer noch Illusionen hat, vergisst sie am besten, denn bei Stijn Celis geht es gleich zur Sache. Zu Beginn seines Stücks «Hidden Garden» lässt der Berner Tanzdirektor die Tänzer nackt auftreten und muntere Blicke ins Publikum werfen. Der paradiesische Zustand dauert nicht lang. Bald liegen auch die Seelen und die Nerven blank. Die Frauen umwerben verzweifelt die zerstreut wirkenden Herren in den weißen Tutus. Die kecken Manöver des Werbens verwandeln sich in plumpe Anzüglichkeit, Unterwerfung, Erniedrigung und Selbstverletzung.
Der Titel «Hidden Garden» mutet in diesem Zusammenhang rätselhaft an, denn verborgen oder unausgesprochen bleibt an diesem Abend gar nichts.
Es geht um Liebe, Sehnsucht nach Entgrenzung zwischen Ich und Du, Projektionen und sexuelle Fantasien, Hingabebereitschaft und Zurückweisung. Darüber wird heftig und viel gesprochen. Das Sprechen scheint der Kompanie aber weniger zu liegen als das Tanzen, das oft eine Art Zurichtung, ein Kampf mit dem Körper ist. Unermüdlich werden Bewegungslinien gebrochen, die Glieder verschraubt, die Körperachsen verschoben.
Nur Hildur Óttarsdóttir wirbelt im bodenlangen ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein

- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Ein Titel, der sich nur mit Sonderzeichen schreiben lässt als Beweis für den Willen zum Futurismus. Ja, das Markenzeichen von Système Castafiore sind entrückte, groteske Fantasy-Welten.
Ein Ball am Hof, eine Burg. Körper, die reihenweise in den Abgrund stürzen, ein Roboter in Käferform, ein König, der mit einem Schlauch beatmet wird. Sexspiele aufgeblasener...
«Beim grand plié kommt die Wahrheit zu Tage.» Tanzdozentin Susanne Schubert korrigiert einzeln die fünf Schüler im Ballettunterricht für Fortgeschrittene. Zum schwungvollen Walzertakt übt sie mit ihnen Pirouetten, Schritt- und Sprungkombinationen aus dem Allegro, die Balletteleven alle Ehre machen würden. Doch der Traum der jungen Leute, die hier vor den Spiegeln...
Im Kino: Sie ist blind, und sie ist eine Tänzerin, die beste im Pavillon der Pfingstrose. Zwischen hohen Trommeln stehend, zeichnet sie mit den langen Ärmeln ihres Kleides die Wege zugeworfener Bohnen nach, in weichen Schwüngen zuerst, dann als peitschende Hiebe, bis sie in einem Furioso von Farben und Flugbahnen fast ganz verschwindet. Tatsächlich ist Mei,...