Hofnarren

Corona, Brexit und die britische Politik: Habitus im öffentlichen Habitat

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Der Mann scheint müde zu sein. Der Oberkörper auf einer recht unbequem aussehenden Bank zurückgelehnt, die Beine übereinandergeschlagen, ein Ellbogen klemmt an der Armlehne, der Kopf ist leicht nach hinten geneigt, die Augen sind geschlossen. Es scheint ein öffentlicher Ort zu sein, an dem die Person sich ausruht, erschöpft womöglich vom Tagewerk eines anstrengenden Berufs? Schauplatz dieser Szene ist das britische Unterhaus, es ist der 3. September 2021, ein Tag, an dem das Parlament heftig über den anstehenden Brexit und die Art und Weise des Ausstiegs debattiert.

Da kann man schon mal müde werden. Oder?

Womöglich nicht, wenn es sich bei dem skizzierten Abgeordneten um Jacob Rees-Mogg handelt, Tory-Abgeordneter und seinerzeit Sprecher des Unterhauses – zu einem Zeitpunkt allerdings, an dem die Tories eine bequeme Mehrheit von 80 Sitzen im Parlament halten. Da kann man sich eine relaxte Pose vielleicht schon mal erlauben, zumal im selben Zeitraum ohnehin die Suspendierung des Parlaments diskutiert wird, vorangetrieben vom seinerzeitigen Premierminister, Boris Johnson. Ist ja auch lästig, sich mit anderen Parteien herumstreiten zu müssen, deren Stimmen ohnehin kein Gewicht haben, ...

Susanne Foellmer ist Professorin für «Dance Studies» an der Universität von Coventry

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Tanz Jahrbuch 2022
Rubrik: Vermessung des Tanzes, Seite 90
von Susanne Foellmer

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