Gute Frage, Herr Forsythe

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«Warum steht Tanz in der Nahrungskette ganz unten?» Vor sechs Jahren wurde Deutschlands beste Kompanie, das Ballett Frankfurt, abgewickelt, weil «Politiker nicht verstanden, was Tanz bedeutet», sagt William Forsythe. Bedeutungslosigkeit hat damit zu tun, dass im Tanz Deutungs­losigkeit herrscht, um nicht zu sagen: Beliebigkeit bei der Interpretation gerade von Forsythes Werk. «In dieses Problem habe ich meine damalige Abfindung investiert.» Er fütterte den Computer mit seinem 17-minütigen Stück «One Flat Thing, Reproduced» aus dem Jahr 2000.

Wir selbst sahen damals, «wie hier das Ensemble in ungebremstem Furor sechzehn Tische über den Boden Richtung Publikum schrammt, mit ihnen flache Hürden baut, um sie im Affentempo zu über­schlittern, zu übergrätschen oder mit gestreckten Beinen zu überragen. Das haut nicht nur den einen oder anderen Tänzer um, bis er platt unterm Tisch liegt, sondern im übertra­genen Sinn auch den Zuschauer.» Die leidenschaftliche Beschreibung in ballet-tanz befriedigte den Meister nicht, weil er jedem Tänzer eine Führungsrolle übertragen und untersuchen wollte, wie Bewegung in flacher Hierarchie entsteht. Aber was man nicht sieht, kann man nicht wissen. Auf ...

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Tanz Mai 2009
Rubrik: Praxis, Seite 66
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