
Foto: Roberto Conciatori
Fleischlin/Meser «I just wanna fucking dance oder Begeisterung und Protest» in Berlin
Sollte es gelegentlich Klage darüber geben, dass der Tanz unpolitisch (geworden) sei, wäre hier ein mögliches Gegenstück gefunden. Beatrice Fleischlin aus Zürich und Anja Meser aus Berlin bilden ein kleinstmögliches Kollektiv. Angesichts ihrer stets sauber synchronisierten Schritte darf man sogar sagen: Zwischen die beiden passt kein Blatt. Ihre Tänze zeigen die friedlich Protestierenden auf dieser Welt. Sie tanzen Pussy Riot in der Christ-Erlöser-Kirche und den «Standing Man» Erdem Gündüz auf dem Taksim-Platz.
Copyrights gebühren auch den Female Muslim Dancers, dem Syrian Nonviolence Movement oder den Yes Men. So wie der 2014 gestorbene japanische Künstler On Kawara für sehr schlichte Gemälde bekannt wurde, die nur das Datum der jeweiligen Bildentstehung vorzeigen, exekutiert auch das Duo Fleischlin/Meser seine getanzten Präzisionskopien jeweiliger Protest-Aktionen stets vor einer ebenso schlichten wie korrekten Datumsangabe. Man könnte fast denken, dies sei Dokumentartanztheater.
Aber sie können mehr. Vor allem gut übersetzen. Rechts auf der Bühne steht das denkbar einfachste Symbol für die Ursache der meisten Proteste: ein Klo-Häuschen. Es trägt abwechselnd die Aufschrift ...
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Tanz März 2017
Rubrik: Kalender, Seite 36
von Arnd Wesemann
Der Grund für die vibrierende Atmosphäre im Tanzsaal des Osnabrücker Theaters befindet sich in zwei quietschgrünen Plastikkörben: Hier lagern, sorgsam übereinander geschichtet, die Gesichtsmasken für Mary Wigmans «Totentanz II». Die Maskenabteilung hat sie den hölzernen Originalen von 1917 nachmodelliert. Beeindruckende Requisiten, die tanzhistorische Zeiten...
Man sieht es und staunt nicht. Die Bühne ist leer. Viel Weiß um Nichts: jede Menge Platz zum Tanzen. Links und rechts hängende Begrenzungen aus Plexiglas. Das sichert Transparenz, einen Hauch Eleganz strahlt es auch aus. Aus dem Schnürboden fallen Lamellen, selbstredend persilfarben. Die Welt so rein. Das Pure der Subjekte (Objekte der Begierde?) scheint gesichert....
Die erste Projektion: Fenster blicken auf das weite Meer. Drei Personen kehren dem Publikum den Rücken zu, dann dreht sich eine, schließlich eine zweite um. Die Dritte wird im gerahmten Erinnerungsbild zurückgelassen. Dieses Gefühl des Verlusts und einer starken emotionalen Bindung grundiert die Choreografie «Silent Screen» (2005), die Sol León und Paul Lightfoot...