essen: die odyssee

patrick delcroix «die odyssee»

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Ihre Lebenslagen könnten kaum unterschiedlicher sein: Er irrt durchs Mittelmeer, sie dagegen harrt aus im heimischen Ithaka. Trotzdem haben beide das gleiche Problem: Sie sind die schärfsten Alphatierchen ihrer Gesellschaften und fast außerstande, sich gegen das Begehren der anderen zu wehren. Aber genau darauf kommt es an, jedenfalls wenn sich Choreograf Patrick Delcroix der vielleicht ältesten Dichtung abendländischer Kultur annimmt und sie nicht als Heldenepos und metzelfreudigen Horrortrip liest, sondern als Pas-de-deux-taugliche Lovestory.

Können die Ehegatten Odysseus und Penelope in jahrelanger Trennung den erotischen Verlockungen widerstehen? Das ist die Ausgangsfrage dieses Homer-Balletts. Deshalb gestaltet sich die Heimreise des Odysseus als aufreibendes Insel- und Frauenhopping, während die wartende Penelope immerzu von einer vierköpfigen Schar Freier bedrängt wird. Erleichtert darf man am Ende aufseufzen: Sie können. Heroen-Herzen sind stärker als das schwache Fleisch.

Eine kanonische «Odyssee» kann mit dieser Deutung für das Aalto Ballett Essen kaum entstehen. Dass der Abend trotz elegisch-wabernder Minimal-Musikkompositionen nicht als Schmacht-Mär absäuft, liegt an ...

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Tanz Juni 2015
Rubrik: kalender und kritik, Seite 44
von Nicole Strecker

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