Emanuele Soavi Incompany «blu blu blu»
1720 kehrt Johann Sebastian Bach nach dreimonatiger Abwesenheit nach Köthen zurück – und Maria Barbara, mit der er 13 Jahre lang verheiratet war, ist «todt und begraben». Im gleichen Jahr entsteht sein berühmter «Chaconne»-Satz in der «Partita 2 für Violine solo», eigentlich eine Tanzmusik, aber nun: eine Totenfeier? So jedenfalls eine populäre These der Musikwissenschaft. Etwa weil in der «Chaconne» Zitate aus Erlösungsund Endlichkeitsliturgien versteckt sind.
Auch heute noch ist die Komposition ein lockendes Mysterium für Musiker*innen wie Choreograf*innen: Anne Teresa De Keersmaeker hat sie mit Boris Charmatz unter dem Titel «Partita 2» (tanz 6/13) getanzt. Und jetzt interpretiert sie der aus dem katholischen Italien kommende Emanuele Soavi unter dem Titel «Atlas 3 – Blu Blu Blu». Und damit ein Choreograf, der sich häufiger mit christlichen Ideen auseinandergesetzt hat.
Links: die Geigerin Nadja Zwiener, die Barockvioline unterm Kinn, bereit zum Duett oder eher «Duell» mit Elektronik-Komponist Johannes Malfatti, der rechts am Mischpult steht. Er wird ihr Spiel multiplizieren, zerlegen, mit Hall zerdehnen, durch Fade-outs verschwinden lassen, seinen Zeitfluss aufheben – als wäre ...
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