53° N
 völker wandern

Die Deutsche Tanzkompanie ist im hohen Nordosten zu Hause. Noch. Denn das Stück, das Lars Scheibner gerade mit ihr erarbeitet hat, könnte infolge Finanzknappheit ein Omen sein

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«Kein schöner Land» heißt es im Lied, und alle singen. Doch die Frage, die sich die Ensemblemitglieder der Deutschen Tanzkompanie im «Ersten Wanderbild» stellen, lautet eigentlich ganz anders: «Woher kommen wir?» Schier endlos ist der Zug, sobald sich nach einem Prolog der Vorhang öffnet, und jeder trägt sein Fähnlein vor sich her, wie bei den Olympischen Spielen seine Herkunft, sein Schicksal demonstrierend. Ein symbolkräftiger Akt, dem an diesem Abend noch weitere folgen werden.

«53° N» nennt Lars Scheibner scheinbar eindeutig das «Tanzfest», den Ort seiner Entstehung positionierend. Scheinbar widersprüchlich dazu der Untertitel: «Völker wandern».

Doch genau diesen Widerspruch zwischen Bodenhaftung und Migration thematisiert Scheibner in Zusammenarbeit mit Oliver Hohlfeld, seinem Librettisten und Dramaturgen. Bildhaft wird er gleich in einem ers-ten, eindrucksvollen Tableau. Sechs Tänzer sind da zu sehen. Wie festgewachsen wirken sie in ihren Stiefeln, die unverrückbar auf dem kleinen Podest haften. Blockhaft sich spreizend, dabei immer wieder mit den Köpfen zuckend, lassen sie an eine Schar aufgescheuchter Hähne denken. Und doch sind es Menschen, die sich nicht zu befreien ...

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Tanz Mai 2016
Rubrik: Produktionen, Seite 14
von Hartmut Regitz

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