Libor Vaculík: «Faust»

in Prag

So könnte auch eine Aufführung der Prager Laterna Magica anfangen. Ein gealterter Clown Ferdi­nand mit der Geige tritt vor den roten Samtvorhang eines verschlissenen Cabarets und kratzt ein paar Töne. Nur handelt es sich hier im Ständetheater um die Uraufführung eines Faust-Balletts.
Der Clown ist Faust. Per Vertrag mit dem alerten Direktor dieses kleinen Welttheaters wird er zu Feustel, jung und schön, ein Meister auf der Teufelsgeige, dem Mann und Frau so gern erliegen. Eine ist Gretchen, die blonde Schönheit aus dem Ghetto, die sich zu Klezmer-Klängen wiegt.


Klar geht das nicht gut. Es war ein Teufelspakt, den der Künstler mit dem Direktor des Schmierentheaters schloss. Die Schmiere wird braun, der Chef ist Adolf Hitler, sein Geiger reckt den Arm. Dafür darf er Margarethe auf allen Stationen ihres Elends bis an die Gaskammer in Auschwitz-Birkenau folgen und sie noch im Schatten des Todes schwängern. Nur retten kann er sie nicht. Sie ermordet ihr Kind, um es vor den Mord-exzessen der nationalsozialistischen Tänzer zu schonen.
Dann ist der Krieg vorbei. Feustel hat überlebt, Margarethe und die Geige haben es auch. Das Cabaret schmückt sich mit Hammer und Sichel statt Hakenkreuzen. ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Februar 2010
Rubrik: Kalender, Seite 50
von Boris Michael Gruhl

Vergriffen
Weitere Beiträge
Tanz in Schulen

Am Strand zieht man Spuren durch den Sand, wagt Riesensprünge, spürt den Bewegungen eines Tintenfischs nach, läuft mit den Wellen oder lässt sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Die Choreografin Annerose Schmidt arbeitete mit einer Klasse bei «Tanz an Bayerns Grundschulen – Kids on Stage» zum Thema Strand und Meer. Das 14-tägige Sommerprojekt veranstaltete «Tanz...

Tanzforschung

Alle Jahre wieder sorgt die Gesellschaft für Tanzforschung (GTF) für die Publikation eines Sammelbands, im Wesentlichen gespeist aus den jährlichen Tagungen des Vereins. Die neueste Ausgabe, «Tanz, Be⁄wegung & Spiritualität», will, wie Thom Hecht, neben Dagmar Ellen Fischer Herausgeber des Bandes, in der Einleitung schreibt, im «neuen akademischen Feld»...

Frühlingsop(f)er

«Le sacre du printemps» fegt durch die choreografische Landschaft wie ein Schneeball, der zur Lawine anwächst. Von Lateinamerika bis Asien und Afrika begegnet man Choreografen, die erzählen, wie sie einst ein Video von Pina Bauschs «Frühlingsopfer» sahen und dann beschlossen, ihr Leben dem Tanz zu widmen. Einen ähnlich prägenden Einfluss hat sonst wohl nur Marcel...