Wir brauchen Kunst
Ein Blick in die Vergangenheit kann manchmal sehr beruhigend sein. Wer sich vergangenen Sommer ärgerte, dass Choreograf Richard Siegal trotz künstlerischer Erfolge und Publikumszuspruch von der Stadt Köln nach fünf Jahren gleichgültig in die Welt hinausgeschickt wurde (Nürnberg freut sich nun über einen Glamour-Choreografen), der weiß nach dem Besuch dieser Ausstellung: Der Posten des örtlichen Tanzchefs ist traditionell ein Schleudersitz. So wurden in Köln allein von 1959 bis 1970 vier Tanzdirektoren von Rang verschlissen. Aurel von Milloss: blieb vier Spielzeiten.
Todd Bolender: drei Spielzeiten. Gise Furtwängler: drei Spielzeiten. Und Peter Appel: nun ja, gerade mal eine Spielzeit. In anderen Städten, etwa im nahen Wuppertal, gewährten die Stadtoberen ihren Spartenchefs manchmal Jahre, bis das Publikum ihre künstlerische Vision akzeptierte, um dann – siehe Pina Bausch – treu bis weit über den Tod hinaus zu sein. Aber im jecken Köln bleibt’s eben gern beim Flirt.
Und trotz der personellen Fluktuation: Diese wilden Sechziger, sie sind auch die «Goldenen Jahre» für den Tanz in Köln. Nie wieder gibt es so viel Mut, Geld, Weitsicht und Leidenschaft für die Kultur. Die Stadt liegt ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Tanz November 2024
Rubrik: Traditionen, Seite 54
von Nicole Strecker
Ungenaue Fragen mag Yvonne Rainer nicht. Als ich sie in einem Interview am 25. August 2000 – sie war beim Berliner Festival «Tanz im August» zu Gast – darauf ansprach, dass eine Ballettchefin ihre choreografische Arbeit damals als «gehen und laufen» bagatellisierte (bitte, wofür dann virtuose Balletttänzer?), korrigierte sie mich. Tänzer-Choreografen, verwurzelt im...
OSCAR
Wenn Christopher Wheeldon am anderen Ende der Welt choreografiert, ist Europa normalerweise außen vor. Hier ist es dankenswerterweise anders: Am 19. November streamt das Australian Ballet Wheeldons neueste Kreation «Oscar», die das Leben des Dichters Oscar Wilde mit Figuren und Bildern aus seinen Werken kreuzt. (Foto: Christopher Rodgers-Wilson) So wird...
Die Dorfjugend hängt im öffentlichen Raum rum. Es wird geknutscht, es wird getrunken, es wird rumgegockelt, irgendwann gibt es Stress, einer zieht ein Messer, «Ey, was willst du?», hektische Bewegungen, bedrohliche Ruhe. Hübsch, mit welch einfachen Mitteln Antoine Jully hier einen historischen Stoff in die Gegenwart holt: mit einem graffitiübersäten Mäuerchen...