Netze und Farben
Unser Videocall beginnt mit einer kleinen Enttäuschung: Flora Miranda trägt ja das Gleiche wie ich – ein schlichtes schwarzes Tanktop! Unglamouröser geht es kaum. «Ich bin sehr auf die Arbeit fokussiert und weniger auf mich selbst», lächelt die 33-jährige Salzburgerin gelassen, als ich sie auf unseren simplen Zwillingslook anspreche. Dann dreht sie den Monitor ein wenig: Auftritt einer kopflosen Kleiderpuppe.
Und da ist dann das spektakuläre Outfit, auf das ich gehofft hatte: ein Schlauchkleid aus leuchtend-kobaltblauen und schwarzen Lederstreifen, die wie Stahlbänder aussehen und sich um den Körper legen, als wollten sie seine Kontur zerteilen, als löse sich seine Figur in einzelne Schichten auf.
Das Kleid gehört zu Mirandas Master-Kollektion von 2015: «Sidereal Ethereal Immatereal». Inspiriert war sie damals von Teleportation und Quantenphysik. Quantenphysik – echt jetzt? Welche Wissenschaft hätte unser Weltbild mehr erschüttert! Also genau das Richtige für eine, die angetreten ist, die menschliche Erscheinung gen Zukunft zu beamen. «Wer meine Kleider trägt, braucht ein Konzept von sich selbst», konstatiert Miranda mit der ihr eigenen, unkapriziösen Nüchternheit. Rapunzellanges ...
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Tanz November 2023
Rubrik: Hinter den Kulissen, Seite 55
von Nicole Strecker
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