Stille

Statement von Tamas Detrich, Intendant des Stuttgarter Ballett

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Als Teenager in New York City habe ich zum ersten Mal ein Ballett von John Cranko gesehen: «Romeo und Julia», getanzt vom Stuttgarter Ballett. Ich war elektrisiert und hingerissen; ich wollte unbedingt dieser Romeo werden, in diesem Ballett tanzen, Teil dieser Compagnie werden. Und diesem Traum bin ich – wegen ihm – gefolgt.

Die Hauptrollen in seinen Balletten zu tanzen, ist natürlich eine Herausforderung im Hinblick auf die Technik und das Partnern, aber viel mehr noch treffen sie dich direkt in dein Herz als Tänzer: seien es die letzten, verzweifelten Minuten als Romeo, als todgeweihter Lenski oder als Onegin, wenn Tatjana dir die Tür weist. Oder die Elegie im vierten Akt von Crankos «Schwanensee» – den Natalia Makarova mal als «the most beautiful» bezeichnet hat. Seine Stücke sind nicht nur «Schritte»; vielmehr spricht jedes Stück jeden Zuschauer – und jeden Tänzer, jede Tänzerin – individuell und unmittelbar an. Seine Ballette faszinieren bis heute, sie bewegen die Herzen und hellen die Seelen der Zuschauer*innen auf. Vor allem wegen ihrer Menschlichkeit.

Ich habe ihn leider nie gekannt. Ich kam 1977 – also vier Jahre nach seinem Tod – in die Compagnie. Selbstverständlich habe ...

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Tanz Jahrbuch 2023
Rubrik: John Cranko, Seite 47
von Tamas Detrich

Weitere Beiträge
Die Umfrage 2023

Andrea Amort, Wien
freie Autorin u. a. tanznetz.de

Interessanteste Inszenierung: «Neuzeit» von Johannes Wieland für Tanz Linz (Landestheater Linz)

Interessanteste*r Choreograf*in: Marco Goecke, zuletzt mit «In the Dutch Mountains» für das NDT (Den Haag)

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Musen & Museen

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