Wiedergeburt
Ein Schlüsselmoment im Leben. Ein 18 Jahre junger Tanzstudent sitzt mit seiner Klasse in der Turbinenhalle der Tate Modern Gallery in London. Eine zarte, blasse Frau betritt die Halle, und plötzlich ändert sich etwas im Raum. Die Blicke kennen nur noch einen Fixpunkt. Seine Kommilitonen sind – wie er es nennt – «star-struck». Sie tuscheln. Ein Name fällt: Pina Bausch. Dem jungen Mann sagt das nichts. Doch als Bewegung in die Studierenden kommt und sie alle ein Autogramm von dieser Frau wollen, schließt auch er sich an.
Eine Metamorphose im Leben.
Eine junge Frau Ende 20, sehr emanzipiert, schließlich hatte sie eine feministische Mutter. Sie liebt es, sich verrückt zu kleiden. Als Teenager färbt sie sich die Haare grünblau, verwirbelt sie zu Dreadlocks. Mit ihrem neuen Engagement sind solche Spleens vorbei. Ihre langen Locken müssen natürlich aussehen. Sie muss elegante Kleider mit tiefen Dekolletés tragen, auf High Heels stöckeln. Das ist nicht sie, denkt sie anfangs. Das ist nicht ihr Bild von Frauen. Irgendwann merkt sie, dass sie sich hat täuschen lassen. In jeder dieser gefällig-schönen «Bausch-Dämchen» steckt auch sie, steckt die unabhängige moderne Frau, die keine ...
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Tanz Jahrbuch 2023
Rubrik: Pina Bausch, Seite 78
von Nicole Strecker
An den Ballettschulen und Theaterhäusern herrscht business as usual, Premieren neuer Ballette eingeschlossen, die nicht auf Tournee gehen können. Europäische Choreografen und Choreografinnen arbeiten nur vereinzelt im Land. Für volle Häuser und wohlwollende Kritiken sorgte Ende März die Premiere der Rekonstruktion von Marius Petipas «Tochter des Pharao»,...
Frisch, gehaltvoll und couragiert hat sich die diesjährige Ausgabe des Festivals «TransAmériques» unter der künstlerischen Leitung des Doppelgespanns Martine Dennewald und Jessie Mill in Montreal präsentiert. Die beiden Frauen erweitern den ästhetischen Horizont mit einem dezidiert zeitgenössischen Zugriff auf die postpandemische Wirklichkeit mit all ihren...
Die junge Frau hat Angst – Todesangst. Sie tanzt um ihr Leben, gejagt von den schneidenden Klängen und erbarmungslosen Dissonanzen Igor Strawinskys. Elementare, rhythmische Wucht sucht ihren Körper heim. Tänzer nähern sich ihr bedrohlich. Sie sucht ihnen zu entkommen, schlägt die Arme um den bebenden Körper. Und neigt irgendwann, resigniert, den Kopf. Anique Ayiboe...