Olaf Schmidt «Dostojewski Idiot Schwanensee»
An «Schwanensee» kommt man als Choreograf nur schwer vorbei. Auch Olaf Schmidt hat den Klassiker schon zweimal auf die Bühne gebracht, 2000 in Karlsruhe, 2008 in Regensburg. Weswegen jetzt ein neuer Blick auf den kanonischen Stoff her muss: In Lüneburg koppelt Schmidt «Schwanensee» mit Dostojewskis Roman «Der Idiot». Wobei: Was heißt «koppelt»? Auf den ersten Blick erzählt der Abend Dostojewski nach, gerafft, verkürzt, konzentriert auf Liebeswirren in der Petersburger Gesellschaft.
Und dazu spielt das Orchester unter Gaudens Bieris zupackender Leitung Tschaikowskys Ballettmusik, schwungvoll, nach vorn drängend, manchmal im scharfen Kontrast zu Dostojewskis elegischer, ausschweifender Erzählweise. Auf den ersten Blick.
Denn in diesem eigentlich traditionellen Handlungsballett tauchen dann doch noch Odette und Odile auf, weißer und schwarzer Schwan, nicht als Figuren, sondern als Ideen, die sich ebenso in Irene La Monacas Nastassja und Rhea Gublers Aglaja manifestieren wie in Clément Coudry-Herlins Myschkin und in Vicent Muñoz Amos Rogoschin, als Janusköpfigkeit zwischen Hell und Dunkel. Wobei Schmidts eigentlich gute Idee in der Besetzung nicht ganz aufgeht: Zwar interpretiert ...
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Tanz März 2023
Rubrik: Kalender, Seite 39
von Falk Schreiber
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