Schützen und stützen

Münsters neue Tanzdirektorin Lillian Stillwell setzt auf nachhaltige Konzepte: auf der Bühne, hinter den Kulissen – ohne Einbußen für die Kunst. Davon überzeugt hat sich Bettina Trouwborst

Aus ihren Augen funkelt der Zorn, sie blecken die Zähne und tanzen, als wären sie vom Teufel besessen – wobei der ein Kalligraf sein muss. In Münster sind die «Furien» los: Ein knappes Dutzend Tänzer*innen rennt, springt und stampft mit einer ungeheuren Intensität und in wil­ den, virtuosen Variationen gegen eine kosmische Kraft an. Diese, niemand Geringeres als Göttin Athene, verbirgt sich hinter einer archa­isch anmutenden Wand. Eine bruchstückhafte Stadtmauer mit trep­penförmigen Konturen ragt im hinteren Teil der Szene empor.

Wenn sie sich öffnet, um die Aggressoren, die sie bestürmt haben, gerade zu wieder auszuspucken, fällt ein gleißender Lichtstrahl in das zur griechischen Arena umgebaute kleine Haus des Theaters Münster. Und am Ende, als die Welt zur Ruhe kommt, hocken die Furien auf drei tortenstückförmigen Treppenstufen. Ein Bühnenbild, das es in sich hat: Auf einer wiederverwertbaren, aus Modulen gebauten Bühne fin­det der Kampf um Frieden statt. Die Ausstattung von Lillian Stillwells imponierender erster Kreation für Münster ist Versprechen und Vision: Die Amerikanerin aus Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota, seit dieser Spielzeit Tanzdirektorin und ...

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Tanz 11 2022
Rubrik: Menschen, Seite 24
von Bettina Trouwborst

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