Veit Sprenger
Ich hatte das. Es war nicht schön, weder für mich noch für das Virus. Aber wir haben es beide überstanden. Nur mein Geruchssinn ist noch eingeschränkt. Jetzt warte ich darauf, dass mir Fledermausflügel oder Schuppentierschuppen wachsen. Superheldensagas beginnen so. Allerdings wird für meinen Geschmack momentan zu viel von Helden gesprochen. Ein Heldendenkmal ist schnell aufgestellt. Meistens ist das ja eine Schummelei, um billig davonzukommen, ohne dass die Machtverhältnisse sich ändern müssen. Was gerade weiterhilft, sind eher die kleinen Dinge, die Sorgfalt erfordern.
In meinem Fall sind es die herzlichen Solidaritätsbekundungen anderer Kunstschaffender: «Hallo, was machst du so? Ich mache das und das. Machst du mit?» Zurzeit empfinde ich jeden Arbeitsauftrag als einen Liebesdienst. Kunst arbeitet, oder sie geht ein.
Daneben kommt Solidarität ausgerechnet von denen, die sonst bei jeder Gelegenheit eins auf den Deckel bekommen, nämlich von Förderinstitutionen wie der KSB, dem Fonds DaKu und noch einigen anderen. Sie standen verblüffend schnell mit Ideen bereit, die von einer fundierten Kenntnis unserer Arbeitsweisen zeugen. Die freien Spielstätten wirkten dagegen eher ...
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Tanz Jahrbuch 2020
Rubrik: Jahrbuch 2020, Seite 42
von Veit Sprenger
Danach gefragt, was so bleiben sollte, wie es ist, und was sich innerhalb und außerhalb des Theaters ändern müsste, würde ich gerne mit einer Gegenfrage beginnen: Wer sagt eigentlich, dass wir uns ändern müssen? Veränderung – die unwiderlegbare Konstante in unser aller Leben – kann niemals erzwungen werden, sonst würden wir ihr nämlich mit Sicherheit zum Opfer...
Die Welt verändert sich, unsere Wirklichkeit verändert sich – kleine überraschende Abweichungen von der Natur, und wir als bedeutungslose Organismen versuchen, darauf zu reagieren und beharrlich weiterzumachen. Unsere Welt wird nicht aufhören, uns Sachen vor die Füße zu schmeißen. Schon in der Vergangenheit hatten wir Seuchen, Kriege und alle möglichen Krisen, von...
Mit Sicherheit kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt in der künstlerischen Laufbahn einen der Shutdown erwischt hat. Mich hat er nach 25 Jahren Freelancing erwischt, just in einem Moment, in dem ich mich mit Top-Kompliz*innen etwas traue, nämlich große Gemeinschaften von Künstler*innen einzuladen für choreografisch-musikalische Fresken auf der Bühne oder, wie in...
