Neuchâtel On Tour: «Celui qui tombe»

Yoann Bourgeois: «Celui qui tombe»

Tanz - Logo

In Angelin Preljocajs Meisterwerk «Le Parc» gibt es einen magischen Moment: Eine Tänzerin tritt sacht auf ihr männliches Gegenüber zu, legt ihm die Hände in den Nacken – und der Tänzer beginnt sich zu drehen, schnell und immer schneller, bis die Auftriebskraft die Frau in ein Wesen verwandelt, das horizontal in der Luft zu schweben scheint. Yoann Bourgeois’ «Celui qui tombe», zuletzt beim Festival «Tanz im August» im Haus der Berliner Festspiele präsentiert, verdreifacht diesen Anblick und gibt ihm zugleich eine ganz andere Note.

Drei Frauen schlingen hier die Arme um Männerhälse, aber es wird kein inbrünstiges Bild, kein beschwingter Flug daraus. Nicht die Halt gebenden Tänzer kreiseln, sondern der Boden unter ihnen rotiert, in immer wahnwitzigerem Tempo. Das Sextett muss elementaren Gewalten die Stirn bieten, immensen Fliehkräften trotzen. Andernfalls würde es von der Scheibe stürzen, in den Abgrund trudeln, in die Finsternis rund herum.

«Celui qui tombe» besitzt beides: den sinnlichen Reiz einer schönen Oberfläche und die existenzielle Botschaft, dass wir in einem Zeitalter der Krisen und Katastrophen leben und doch nur wahrnehmen – für wahr nehmen –, was wir wissen wollen. ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Oktober 2016
Rubrik: Kalender und Kritik, Seite 46
von Dorion Weickmann

Weitere Beiträge
Queer New York

Die Tanzszenen der USA und Europas sind in stetigem Austausch miteinander – vor allem, was das Ballett betrifft. Auch eine Handvoll zeitgenössischer Choreografen pendelt inzwischen von New York aus regelmäßig über den Ozean. Zu ihnen zählt Trajal Harrell, dessen Voguing-Spektakel auf allen Festivals zwischen Hamburg und Wien herumgereicht werden. Miguel Gutierrez...

Nach Mulhouse: Bruno Bouché

Vom Opéra-Tänzer zum Ensemble-Chef, beinahe in einem Sprung: Der kaum bekannte Bruno Bouché, 38, wurde am 1. September Nachfolger von Ivan Cavallari an der Spitze des Ballet du Rhin an der Opéra national du Rhin (Straßburg/Mulhouse/Colmar) und soll die in Mulhouse ansässige Truppe aus ihrer künstlerischen und medialen Versenkung befreien. Bouché verspricht mehr...

Die Lehrerin

Sie sind eine der bedeutendsten Flamenco-Tänzerinnen der Gegenwart, haben aber auch eine umfangreiche Karriere als Lehrerin vorzuweisen. Welche Rolle spielt die Pädagogin Belén Maya in Ihrem Berufsleben? Eine wichtige! Ich habe mit dem Unterrichten und dem Tanzen ungefähr zeitgleich begonnen. Damals studierte ich noch an der Schule des Spanischen Nationalballetts...