tanz und aufklärung

Kriege, Wirtschaftskrisen, Flüchtlingsströme – Europa sieht sich mit epochalen Herausforderungen konfrontiert und seine Wertesysteme erschüttert. Ein Denkversuch aus gegebenem Anlass

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Die tunesische Autorin, Schauspielerin und Choreografin Raja Ben Ammar begann Anfang 2001 ein Projekt mit arbeitslosen Jugendlichen aus den Dörfern in der Nähe von Karthago. Sie rückte das Problem ihrer gesellschaftlichen Wertlosigkeit ins Zentrum. Es ging nicht um Technik oder Dramaturgie. «Die Jugendlichen und jungen Leute besaßen keine Aufgabe in der Gesellschaft, fühlten sich vollkommen überflüssig, obwohl sie sehr gut ausgebildet waren – manche hatten ein abgeschlossenes Medizin- oder Jurastudium. Das Stück war darauf ausgerichtet, ihnen eine Stimme zu geben.

Erst wollten sie wissen, welches Stück sie spielen sollen. Aber unsere Aufgabe war es, mit ihnen ihr eigenes Thema zu einem Stück zu machen.» In der Produktion entstand eine eigene Form von Körperarbeit, die mit der Emanzipationsbewegung der tunesischen Jugendlichen korrespondierte. «Wir trainierten den aufrechten Gang. Um aufrecht zu stehen, wie es die Evolutionsgeschichte in Hunderttausenden von Jahren uns eingeübt hat, braucht man unzählige Muskeln. Aufrecht stehen, das bedeutet auch, sich seinen Raum zu nehmen und andere Volumen zu verdrängen. Der Raum ist nicht leer. Wenn wir den aufrechten Gang üben, dann behaupten ...

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Tanz Februar 2016
Rubrik: Ideen, Seite 64
von Johannes Odenthal

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