Pilates, Nussknacker, Hellerau
buch
joseph pilates
Für einen Gesundheitsapostel lebt er keineswegs passend. Joseph Pilates trinkt. Er raucht. Schlimmer noch: Wenn ihm mal eine griffige Klientin unter die Finger kommt, kann er sich selbst im hohen Alter nicht beherrschen. Den eigenen Leib heiligend, kennt sein missionarischer Eifer manchmal kein Halten mehr. Abstinenz ist seine Sache nicht.
Fasziniert von einem Turner, der Bier braute, von einem Boxer, der den Beckenboden trainierte, und einem Schulschwänzer, der Schiller und Schopenhauer zitierte, beginnt Eva Rincke eigenen Worten zufolge zu recherchieren und deckt bei ihren Nachforschungen nicht nur weitere Widersprüche auf, sondern spürt eine Menge Material auf, das am Ende das Phänomen Pilates ungleich plastischer erscheinen lässt als in jeder anderen Biografie. Auf rund 300 Seiten blättert die Stuttgarter Historikerin ein Schicksal auf, das sich eigentlich erst nach Pilates’ Tod 1967 wirklich erfüllt. Sie beschreibt die ärmlichen Verhältnisse, denen der 1883 in Mönchengladbach Geborene entstammt, beschreibt seine Zeit in England als ganz und gar nicht «feindlicher Ausländer», die er im Internierungslager auf der Isle of Man erlebt. Überaus anschaulich aber ...
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Tanz Februar 2016
Rubrik: Medien, Seite 62
von
«Schon im Bauch meiner Mutter musste ich Dehnübungen machen», sagt sie einmal aus dem Off in ihrem Solo «Tanzsylvanien». Die 30-jährige Tochter einer Tanzpädagogin führt da keine Spagate vor, sondern eine andere Form der Dehnung: vom kleinen Ich in die große Welt hinaus. Auf dem Boden schiebt sie müde Fingertentakel nach vorn, die der Monitor vergrößert. Er...
Nicht zum ersten Mal erzählt Richard Wherlock von der untergegangenen Welt des jüdischen Schtetl. Bereits mit «Transit Dances» und «Stetl» choreografierte er Aufbruch und Unterwegssein zu Klezmermusik. Die folkloristisch gefärbten Schrittfolgen gerieten schon damals rasant, doch im Ballett «Tewje», am Theater Basel uraufgeführt, steckt mehr Herzblut.
Wie Scholem...
catherine verneuil
war eine der nobelsten Erscheinungen im Ballet du XXe Siècle. In Neuilly-sur-Seine geboren, verkörperte sie einen Tänzerinnen-Typ, den man nicht unbedingt im Umfeld von Maurice Béjart vermuten sollte. Doch fügte sich die Französin, von Nina Vyrou-bova im legendären Studio Wacker ausgebildet, ebenso formvollendet wie elegant in ein Ensemble...