hunter

Mit Kollektiv-Halali für ihr Damaged Goods-Label hat Meg Stuart jede Menge Erfahrung. Kurz vor ihrem 50. Geburtstag veranstaltet die Choreografin eine Solopirsch und geht auf die Jagd nach den eindrücklichsten Momenten ihres Lebens

Tanz - Logo

Marineblaue Hose, T-Shirt, ein feiner azurblauer Streifen schlängelt sich hüftabwärts bis zu den Füßen. Gebeugt sitzt die Frau an einem Tisch aus Plexiglas, rücklings zum hereinströmenden Publikum, das die Tribüne der zweiten Spielstätte des Berliner Hebbel-am-Ufer-Theaters entert und von dort aus den Blick auf einen zentral gehängten, weißwollenen Projektionsteppich heftet.

Eine Kamera überträgt auf das Textil, womit die Frau sich beschäftigt: Kinderfotos wandern durch ihre Hände, ein Indianer mit Federkopfputz, die Porträts unbekannter Gesichter und Bilder der Flower-Power-Ikonen Yoko Ono und John Lennon – mit Wallemähne überm nackten Popo. Die Frau beschneidet die Aufnahmen oder fackelt ihnen die Ecken ab, manche bearbeitet sie mit Nagellack, dann pinnt sie eine nach der anderen auf eine kreisende Etagere. Der Karneol-Ring an ihrem Finger tanzt dabei wie ein Irrlicht. Kaum ist der Drehteller rundum bestückt, spießt die Frau die nächsten Schnappschüsse auf lange Nadeln und stelzt sie damit ein Stockwerk höher. Bis zuletzt keine plane Collage, sondern ein dreidimensional bestücktes Bilderkarussell rotiert. Was der Topografie unseres Gedächtnisses entspricht, das nicht eine ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Mai 2014
Rubrik: produktionen, Seite 12
von Dorion Weickmann

Weitere Beiträge
Neu: Master-Macher – Jean-Christophe Paré in Paris

Jean-Christophe Paré kennt das Metier aus fast jeder erdenklichen Perspektive. Er gehörte dem Pariser Opernballett an, wäre beinahe danseur étoile geworden, entschied sich aber in den 1980er-Jahren dafür, seine Energie im Rahmen der Groupe de recherche chorégraphique zu investieren. Ab 1990 wandte er sich dem zeitgenössischen Genre zu und wurde Pädagoge, danach...

am limit

Es gibt ihn, den «guten Schmerz». Man nennt ihn auch den «ehrgeizigen Schmerz». Er zeigt an, wann man Grenzen überwindet, der Körper zu neuen Ufern aufbricht, alte Routinen ersetzt werden, neue Erfahrungen entstehen. Fast jeder Tänzer ist besessen von solcher Schmerzerfahrung. Sie verschiebt das Limit der Belastbarkeit. Sie zeigt, dass man besser wird. Sie ist das...

the good side of pain

Das Verhältnis zum Schmerz: Aus Sicht der Tänzer ist es ein fortwährender Dialog. Die «gute» Seite des Schmerzes gestattet dem Körper, an seine Grenzen zu gehen, ohne Schaden zu nehmen, indem der natürliche Abwehrmechanismus des Körpers respektiert, nicht ignoriert wird. Untersucht man das Verhältnis von Schmerz und Tanz, so ist es hilfreich, die jüngste Definition...