Videoüberwachung

Jasmine Fan

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Jasmine Fan lebt nahe dem Hamburger Kriminalitätsschwerpunkt Reeperbahn. Nach einem Einbruch in ihrem Umfeld installierte die Hausverwaltung eine Videoüberwachung, kontrolliert über den im Erdgeschoss gelegenen Sexshop, weswegen sich Bilder von Sexualität, Alltag und Bedrohung geisterhaft überlagerten. Fan entwickelte aus dieser Erfahrung das Stück «Color», in dem die Tänzerin Vasna Aguilar gemeinsam mit Kameras und Sensoren agierte – und so einerseits als bewegtes Bild auf der Leinwand erschien, andererseits aber auch die Bilder zu steuern vermochte.

Und gegen Ende wurde «Color» auch noch immersiv, indem das Publikum im Hamburger Produktionszentrum Wiese die Technik durch eigene Bewegungen beeinflusste, dank der im Raum verteilten Sensoren. Ob man tatsächlich so weit gehen soll, diese ständige Einflussnahme als Analogie auf die «gläserne Gesellschaft» unter repressiver Politik, wie sie zum Beipsiel in China vorherrscht, zu verstehen, kann man diskutieren. Die gebürtige Taiwanesin Fan jedenfalls sieht das Stück auch politisch. Und zumindest unbehaglich ist «Color», in seinem Entwurf einer Welt, in der unbeteiligtes Zusehen nicht mehr möglich ist, in der jede Handlung weitere Aktionen nach sich zieht. Fan arbeitet regelmäßig an der Schnittstelle zwischen Film und Tanz. Aus persönlichen Gründen kann die Choreografin «Color» dieses Jahr nicht wie geplant beim «Short Waves»-Filmfestival im polnischen Poznań zeigen. Dafür kuratiert Fan ihr eigenes Tanzfilm-Festival «TANZAHOi» im Hamburger Metropolis Kino – auch das ein Ort, an dem die Grenzen zwischen Kino und Bühne verschwimmen. 

«TANZAHOi» in Hamburg, Metropolis Kino, 3., 4. November; www.tanzahoi.orgwww.jasminefan.de


Tanz November 2023
Rubrik: Sidestep, Seite 18
von Falk Schreiber

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