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Lady Georgette ist die Lordsiegelbewahrerin aller Cranko-Choreografien. Die Stuttgarter Choreologin schwört, neben dem Körpergedächtnis, auf Notationen. Was nicht heißt, dass sie Videos gänzlich verdammt

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Bis heute lebt das Stuttgarter Ballett von John Crankos wenigen Werken. Wohl entsteht hier ständig Neues, aber die berühmten Handlungsballette – von «Romeo und Julia» (1962) über «Onegin» (1965) bis «Der Widerspenstigen Zähmung» (1969) – sind seit dem Tod des Choreografen im Jahr 1973 der finanziell stets einträgliche Grundstock der Kompanie und auch der Grund, warum so viele gute Tänzer hier arbeiten.

Neben Crankos ehemaligen Tänzern, die bis heute die Kompanie leiten, neben dem Kollektivgedächtnis eines Publikums, das die Cranko-Klassiker bestens kennt und jede kleinste Veränderung bemerkt, ist es vor allem die Choreologin und Ballettmeisterin Georgette Tsinguirides, die für die Integrität der Weitergabe an neue Generationen steht. Ihr gutes Gedächtnis und ihre detailliert beobachtende Intelligenz waren der Grund, dass Cranko die damalige Solistin sehr früh, Mitte der 1960er-Jahre, zu seiner Assistentin machte und sie zum neu gegründeten Benesh Institute nach London schickte, um die von Rudolf und Joan Benesh entwickelte Tanzschrift zu lernen. Genau wie eine musikalische Partitur wird sie auf fünf Linien notiert, die Kopf, Schultern, Taille, Knien und Füßen des Tänzers zugeordnet ...

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Tanz Jahrbuch 2014
Rubrik: re:, Seite 46
von Angela Reinhardt

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