Spuren
Hartmut Regitz, langjähriger tanz-Redakteur, hat die Ära John Cranko als Zeitzeuge von Anfang an miterlebt. Er hat die Entwicklung des Stuttgarter Ballett beobachtet, begleitet und viele Gespräche mit dem Choreografen geführt. Auch für die Tänzer und Tänzerinnen, die das Stuttgarter Ballettwunder stabilisiert, in die Welt hinausgetragen oder als Ausgangspunkt eigenständiger Kreativ-Karrieren genommen haben – genannt seien nur Marcia Haydée, John Neumeier, Jiří Kylián, Uwe Scholz oder William Forsythe – ist Hartmut Regitz ein Fixpunkt gewesen.
Wir dokumentieren hier das letzte Interview, das er mit Cranko am 11. Mai 1973 in der Stuttgarter Opernhaus-Kantine geführt hat – ein «Interview as usual», das den Ballettdirektor ganz entspannt als einen visionären Künstler zeigt, voller Tatendrang und Hoffnung, was seine eigene Zukunft und die seines Ensembles betrifft. Schließlich konnte niemand ahnen, dass er nur wenige Wochen später, am 26. Juni 1973, auf dem Rückflug nach einer triumphalen Nordamerika-Tournee nahe Dublin an den Folgen einer Aspiration stirbt. Tragischerweise im Kreis seiner Tänzer und Tänzerinnen.
Sieht man Ihre «Spuren», hat man den Eindruck, dass Sie sich lange mit ...
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Tanz Jahrbuch 2023
Rubrik: John Cranko, Seite 32
von Hartmut Regitz
Was die jüngste Generation von Choreograf*innen angeht, zeigt sich die Szene in Post-Covid-Zeiten ohne Frage organisierter als noch während der Pandemie. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass mit der vorsichtigen Wiederkehr von sogenannten «Auteur-Produktionen» ein Rückgang bei den neuen Performances zu verzeichnen ist. Auf der einen Seite mag das begrüßenswert...
Eines Tages im Jahr 1974 habe ich meine Zahnspange kurz vor der Pforte des Opernhauses Wuppertal in eine blaue Seifendose gesteckt, habe den Pförtner gegrüßt und bin – noch bevor er etwas fragen konnte – im Ballettsaal des Tanztheaters Wuppertal verschwunden. Ich bin an jenem Tag dorthin gegangen, um zu erfahren, was mich eigentlich dazu bewegte, dorthin zu gehen.
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«Liebe mich – und heute Nacht wird alles möglich sein!» Verspricht die queere Königin der Nacht und schickt ein dämonisches Lachen hinterher. Die Party der Abgründe beginnt. Marcos Moraus «Nachtträume» für das Ballett Zürich nehmen Gestalt an als cooler Totentanz in Stummfilm-Schwarz-Weiß zu schnellen Rhythmen und sanften Melodien. Gestochen scharfe Bilder rasen...