Simone Sandroni «Puls»

Bielefeld

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Zu Anfang scheint der Tänzer mit dem Mikro am langen Stab den Herzschlag von Zuschauern aus der ersten Reihe aufzunehmen. «Puls» nennt Simone Sandroni sein neuestes Stück, es soll von jenem gruppengefühlstiftenden Impuls handeln, der nach Sandronis Auffassung vom Herzschlag über ethnische Trommeltrance bis zu Rock und Rave Menschen im Tanz zusammenführt. Man muss dem Choreografen da nicht folgen, wird dem natürlichen Puls doch allzu oft ein konformisierend technoider Beat übergezwungen. Das müsste man, wie beim Marsch, schon mal kritisch hinterfragen.

Aber Sandroni lässt Rave und Drill dann doch lieber aus und zelebriert ein effektreiches Rockballett, für das Komponist Francesco Antonioni drei E-Gitarren, klassischen Chor und Zuspielungen von Tänzerschritten und Herzrhythmen auffährt. Sebastian Ellrichs Ausstattung orientiert sich entsprechend an Bühnenshows, lässt mal die Gitarristen auf Türmen in die Höhe fahren, mal einen Scheinwerferblock von oben Lichtinseln schaffen. Der Chor erscheint in priesterlichen Gewändern und singt Lateinisches von Augustinus, hymnisch gehen die Arme nach oben oder werden wieder gefaltet.

Aus dem Nebelgraben windet sich zu Beginn ein fast nackter ...

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Tanz April 2022
Rubrik: Kalender, Seite 42
von Andreas Berger

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