Orkanstärke
Beifall von den Rängen, Schmähungen von der Journaille. So lief es an der Pariser Opéra praktisch die gesamte letzte Saison, wenn zeitgenössische Gastchoreograf*innen auf der Bühne des Palais Garnier ihre Arbeiten mit der illustren Kompanie präsentierten. José Martinez, der seit Dezember 2022 die Geschicke des Ballet de l’Opéra de Paris leitet, mag das bedauern. Doch die Saison 23/24, und vor allem der Auftakt, trägt noch die exklusive Handschrift von Aurélie Dupont, die sich im Sommer 2022 verabschiedete. Die Schelte für ihre Ideen war nicht immer gerechtfertigt.
Die einstige Danseuse étoile des Hauses zeigte sich als Directrice de la danse (2016 – 2022) immer mehr bereit, künstlerische Risiken einzugehen, wirkte dabei aber orientierungslos.
Vielleicht fühlte sie sich ermutigt durch den blitzartigen Erfolg ihrer Idee, während des Lockdowns den choreografisch völlig unerfahrenen Mehdi Kerkouche mit einer Produktion fürs Corona-Streaming zu beauftragen. Daraufhin wurde der Social-Media-Star auch von den klassischen Medien zu einer Art Heldenfigur verklärt, was Dupont durchaus als persönlichen Erfolg werten durfte. Wer sonst wäre auf die Idee gekommen, nicht nur den Dauergast Wayne ...
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Tanz November 2023
Rubrik: Produktionen, Seite 10
von Thomas Hahn
Als am 5. Oktober Narges Mohammadi Friedensnobelpreisträgerin wurde, leuchtete die Hoffnung. Der Ruf «Jin Jiyan Azadi – Frau Leben Freiheit» war wieder in den Medien, und Menschen auf der ganzen Welt haben sich an ihn erinnert. Die Jina-Revolution war aber die ganze Zeit über nie verschwunden, nur die Bühne der Revolution und ihre Dramaturgie hatten sich geändert.
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Normalerweise wird ein Werk nach dem Tod einer Künstlerin, eines Künstlers einem Archiv übergeben, im besten Falle aufgearbeitet und Forschung resp. Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Archivare steuern die Prozesse. Sie bestimmen, was bleibt und was zur Kassation freigegeben, sprich vernichtet wird. Sichten, sortieren, inventarisieren, das ist erst einmal das,...
Opernballett Flandern
WEGWEISENDE NEUERUNGEN
Die Mitteilung kam Anfang Oktober und verkündete schon fast eine Revolution: Das Opernballett Flandern (nix mehr mit Royal Ballet Flanders …) gibt seinen Tänzer*innen künftig Verträge, die länger laufen als eine Saison – «indefinite contracts», wie es aus Antwerpen hieß. Damit will man der work-life-balance der...