Lausanne on tour: Philippe Saire «Actéon»

Spanner leben gefährlich. Früher wohl mehr als heute, da wir – nicht nur von einschlägigen TV-Formaten – zum Voyeurismus fast gezwungen werden. Es soll indes Zeiten gegeben haben, da, wie Ovid erzählt, eine Göttin zufällig beim Baden zu überraschen, lebensgefährlich sein konnte. Diana verwandelte Aktaion in einen Hirsch, und der wurde daraufhin von seinen eigenen Hunden zerfleischt. Pech gehabt?

Philippe Saires Aktaion macht sich selbst zum Hirschen.

Gegen Ende des im November in Lausanne uraufgeführten Stücks «Actéon» setzt sich Pierre Piton ein Geweih auf den Kopf und harrt der veränderten Wahrnehmung. Bis zu diesem Zeitpunkt war er Jäger – wie seine Tänzerkollegen Gyula Cserepes, Denis Robert und David Zagari. Jetzt verschieben sich Perspektive und Kräfteverhältnisse. Die Jäger beleuchten – und belauern – einander mit Scheinwerfern. Die Szene, die eigentlich nie so etwas wie ein Ganzes gezeigt hat, zerbröckelt vollends. Und zwischen Dunkel und kleinen Lichtausschnitten wird das Treiben samt Trophäen – ein Haufen ausgeweideter Tiere – zu einer Art «Jagdszenen aus Niederbayern», in denen Menschen zu den Tieren werden, die sie eh schon sind.

Philippe Saire hat in den letzten ...

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Tanz Februar 2019
Rubrik: Kritik, Seite 44
von Lilo Weber

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