Interface
So sieht ein Seeigel aus, der in einen Farbeimer gefallen ist: lauter knallrote Stacheln, leicht gezaust und trotzdem wohlsortiert. Nur handelt es sich hier um kein animalisches Abbild, sondern um ein Kunstwerk, dem ein anderes Kunstwerk zugrunde liegt: Ein choreografisches Fragment, Auskopplung aus Marco Goeckes «Der Liebhaber» (tanz 4/21), wurde per digitaler Transformation gleichsam eingefroren. Das artifizielle Gebilde soll demnächst als Ausstellungsobjekt zu bestaunen sein, bis dahin wird es per Galerie-App präsentiert.
Prinzipiell ist die Überführung analoger Tanzkunst in Pixelformate nichts Neues. Seit William Forsythe mit seiner (inzwischen ziemlich eingeschlafenen) «Motion Bank» für Aufsehen sorgte und Richard Siegal das Bauhaus-Abenteuer unter dem Titel «Das Totale Tanz Theater» (tanz 11/18) wiederbelebte, weiß man, wie cool und attraktiv Tanz im Virtuellen wirkt. Mit Corona steuerte die Entwicklung das nächste Level an und gipfelte im VR-Event «Kinesphere» (tanz 10/21), der choreografierten Kooperation des Balletts Augsburg mit einem Schwenkarmroboter. Während der internationale Streamingbetrieb betrüblicherweise wieder auf Eis liegt, hat der Dachverband Tanz sich ...
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Tanz November 2023
Rubrik: Bewegung, Seite 4
von Dorion Weickmann
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SELMA SELMAN
In ihrer Performance «Motherboards» zerlegen Selma Selman und ihre Familie Elektroschrott. In «Mercedes Matrix» wird ein Luxusfahrzeug zerstört. Und in «Platinum» landen Autowracks im Kunstraum. Selman hinterfragt damit rassistische Stereotypen, die die 1991 in Bosnien-Herzegowina mit Rom*nja-Hintergrund geborene Künstlerin prägen – und hat sich so zu...
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Richard Siegal hat sich für «New ballet mécanique», seine erste Kreation fürs Opernballett Flandern in Antwerpen, von Fernand Légers legendärem Film «Ballet mécanique» (1923/24) inspirieren lassen: eine rhythmische Montage von Objekten und Maschinen, in der gelegentlich ein Mensch zu sehen ist. Den Anfang macht eine...