Freiheit
Pina besaß die Fähigkeit, den nackten Kern einer Idee freizulegen. Ihre Arbeiten wirken, als hätte sie Anfang und Ende einer Szene oder eines Konzepts weggeschnitten und nur «die Mitte», also die Idee in Reinform, übrig gelassen. Beim Schauen ihrer Stücke wundert man sich als Zuschauer*in, woher alle diese Menschen auf der Bühne eigentlich kommen und wohin sie als Nächstes wohl gehen werden. Bestenfalls wird dem Publikum in solchen Momenten klar, dass es eine einzigartige Rolle übernimmt: die der Zeugenschaft von Pinas Arbeit.
Man ist nicht bloß betrachtend, sondern mitschöpfend tätig. Zuschauerinnen und Zuschauer erhaschen nurmehr einen flüchtigen Blick von einer Idee. Und es liegt in ihrer Verantwortung, den Rest der Geschichte selbst zu schreiben. Sie fühlen sich verbunden. Sie spüren, dass sie in Pinas Arbeit, Herz und Kopf, anwesend sind. Darin besteht Pinas Vermächtnis. Als vergleichsweise neue Tänzerin beim Tanztheater Wuppertal und in Pinas Kreationen fange ich gerade erst an, ihren Kosmos und mein Leben darin zu begreifen. Dieser Prozess ist einzigartig und ungemein stärkend. So wie Pina dem Publikum Raum lässt, die Leerstellen in ihren Arbeiten auszufüllen, habe ich ...
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Tanz Jahrbuch 2023
Rubrik: Pina Bausch, Seite 87
von Taylor Drury
John Cranko hat meine Karriere maßgeblich beeinflusst. Das Stuttgarter Ballett hat etwas Besonderes und Anderes an sich, und ich glaube, dass ein großer Teil davon von John Cranko selbst herrührt. Ich hatte das Privileg, in einigen seiner großen Ballette zu tanzen, darunter «Der Widerspenstigen Zähmung» und «Onegin». Jedes Ballett hat eine besondere Fluidität und...
Versuchung und wilde Verzweiflung. In dieser Nacht gehen sie Hand in Hand. Was soll sie tun? Was darf sie fühlen? Was sagen? Nichts. Rein gar nichts. Also weist sie ihm die Tür.
Nelken, soweit das Auge reicht. Dazwischen ein Mann. Dunkler Anzug, farbige Krawatte. Und Lippen, Arme, Hände, die das Bild eines anderen beschwören: «The Man I Love».
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