Freiheit
Wenn die Körperspannung nachlässt, tiefes Durchatmen einsetzt, der Blick alles, was hinter dem Horizont sein mag, zu durchdringen scheint, Wärme im Körper aufsteigt, wenn sich die Kiefermuskeln entspannen und das eigene Lächeln sachte spürbar wird … Das ist es, was ich intuitiv mit «frei sein» verbinde.
Freiheit geschieht. Nach einer langen Steigung beim Wandern, wenn einem eine Last von den Schultern fällt, oder – ohne Berg und Last – wenn man sich frei tanzt.
Doch wie viele widmen ihr Leben dem Tanz aus dem Impuls heraus, frei zu sein? Sie zahlen dafür, wie alle anderen Künstler auch, einen Tribut, der oft fälschlicherweise als Selbstausbeutung bezeichnet wird.
Das Wort Freiheit weckt Sehnsucht. Es gibt den Spruch: Frei sein wie ein Vogel. Aber ein Vogel ist wahrscheinlich nicht freier als wir. Er kann nur fliegen, was für den Vogel normal ist. Sein Tribut: Er muss dafür täglich oft das Doppelte an Eigengewicht als Nahrung zu sich nehmen. Sonst verhungert er. Dann ist es mit dem Fliegen vorbei.
Der Choreograf muss ebenfalls essen und Miete zahlen, und wer nicht im institutionellen Theaterbetrieb landet, hat die Möglichkeit, durch viel Initiative ein Einkommen aus verschiedenen ...
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Tanz Oktober 2016
Rubrik: Warm-Up, Seite 1
von David Brandstätter
In Angelin Preljocajs Meisterwerk «Le Parc» gibt es einen magischen Moment: Eine Tänzerin tritt sacht auf ihr männliches Gegenüber zu, legt ihm die Hände in den Nacken – und der Tänzer beginnt sich zu drehen, schnell und immer schneller, bis die Auftriebskraft die Frau in ein Wesen verwandelt, das horizontal in der Luft zu schweben scheint. Yoann Bourgeois’ «Celui...
Die Bilder, die tagtäglich auf uns einstürmen, überlagern unsere sinnliche Wahrnehmung und Empfindung. Fest vertäute Kästen in diffus schimmerndem Licht erinnern unwillkürlich an Frachtcontainer auf hoher See. Bald werden Menschen aus und zwischen ihnen hervorquellen. Einzeln, dann in Gruppen. Und sie rennen – immer im Kreis – scheinbar um ihr Leben. «Auguri» nennt...
Minimal Art ist nicht tot. Minimal Art macht weiter. Von Lisbeth Gruwez gibt es ein Meisterwerk dieses Genres, «AH/HA», das genauso beginnt wie dieser «Relative Collider» von Liz Santoro und Pierre Godard. Bei Gruwez wippt am Anfang nur das rechte Knie zum Knarzen einer Sprungfedermatratze. Aus diesem Wenigen folgen Wunder (tanz 10/14). Liz Santoros Gesellenstück...