Exhumierte Exotik
Historisch informierte Inszenierungen von Ballettklassikern erfreuen sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit. Mithilfe historischer Dokumente und Archivmaterialien wird dabei der Versuch einer größtmöglichen Annäherung an das Original unternommen. Entsprechend profilierte Aufführungen von «Le Corsaire», «Paquita» oder «La Bayadère» – um nur einige Beispiele zu nennen – geraten derzeit allerdings auf doppelte (und paradoxe) Weise ins Visier.
Auf der einen Seite beinhalten sie exotische, nationale oder folkloristische Elemente und sehen sich der Forderung aus Kritik und Kulturwissenschaft ausgesetzt, fremde und deshalb kolonialismusverdächtige Narrative zu entschleiern. Auf der anderen Seite unterstreicht jede dieser kinästhetisch opulenten Re-Konstruktionen, welche Bedeutung die Tanzvergangenheit besitzt. Wie also verhalten sich die Appelle postkolonialer Theorie und die derzeitige Aufwertung tanztheatraler Archäologie zueinander?
Das Diskursgespenst: Fremdheit aus postkolonialer Perspektive
Der Tanz im 19. Jahrhundert ist durchzogen von Komponenten der Fremdheit – einer Fremdheit, die der Widerschein europäischer Kolonialisierungen auf dem Theater ist. Die mit Nachdruck ...
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Tanz Juni 2019
Rubrik: Ideen, Seite 50
von Claudia Jeschke
Damien Jalet, Sie haben unlängst das Film-Remake von «Suspiria» choreografiert (tanz 11/18) und unterrichten jetzt «Skid Technique» – worunter man eigentlich das Lenken und Bremsen eines Autos auf Eis oder bei Aquaplaning versteht.
Auch den Transport gefällter Bäume vom Berg ins Tal nennt man so. Wir, der Tänzer Aimilios Arapoglu und ich, trainieren auf einer um 34...
Meg Stuart, eine Künstlerin wird Leiterin des «Tanzkongresses», zum ersten Mal seit der Neuauflage des großen Tänzertreffens durch die Kulturstiftung des Bundes im Jahr 2006. Wie kam es dazu?
Ich glaube, man wollte -einen Perspektivwechsel. Für mich ist dieser Kongress ein Treffen, bei dem all die Fragen, die wir als Tanzschaffende haben, auch wirklich auf den...
Wie wirkt ein Stück, das nach zwanzig Jahren wieder auf die Bühne kommt? Ist es noch zeitgemäß oder doch schon angestaubt? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die erste Ausgabe des Festivals, das die Schweizer Plattform «kulturerbe, tanz!» im Luzerner Kulturzentrum Südpol veranstaltet. Der Kniff, den die Kuratoren hier anwenden, ist: Die Profis der Ur-Besetzung...