Einzigartig
Als wir uns zum ersten Mal treffen, per Video, sitzt Annie Hanauer in ihrer Londoner Wohnung in Selbstisolation. Sie hat einen langen Aufenthalt auf dem Kontinent hinter sich, konnte wegen der britischen Quarantänepflicht nicht wie gewohnt zwischendurch nach Hause. Eine der Produktionen, «Variation(s)» von Rachid Ouramdane, hat Hanauer kürzlich zurückversetzt in die Vergangenheit. In die Kleinstadt im US-amerikanischen Norden. Zu ihren ersten Tanzschritten. Denn in Frankreich stand sie mit Steppvirtuose Ruben Sanchez auf der Bühne, und daheim gehörte Stepptanz zum Basisrepertoire.
«Wie habe ich das damals geliebt!», lacht sie. «Hatte ich fast vergessen.» Die Twin Cities Minneapolis-Saint Paul waren nur eine Autostunde entfernt, sodass Ballett-Aufführungen und Broadway-Tourneen in Reichweite waren. «Zeitgenössischen Tanz habe ich erst an der Uni kennengelernt», erzählt die 35-Jährige. Man hört ihr gern zu, sie hat eine schöne, überraschend tiefe Stimme.
Am Ende ihrer High School-Zeit schwankte sie zwischen Tanz und Schreiben. Eigentlich war sie sich sicher, in der körpernormierten Tanzszene mit ihrer Armprothese niemals Geld verdienen zu können. Sie bewarb sich trotzdem. Und war ...
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Tanz Jahrbuch 2021
Rubrik: Unterwegs, Seite 44
von Wiebke Roloff-Halsey
Die Pandemie hat das extreme Tempo aus der Zeit davor herausgenommen. Das Deutsche Tanzfilminstitut hat als gleichermaßen tanzfilmproduzierende und archivierende Gedächtnisorganisation endlich einmal Zeit für die Inventur seiner Bestände und entdeckt vieles neu. Mit Dankbarkeit und Freude erfüllt uns, dass wir – wie die meisten Theater, Museen und Bibliotheken –...
Als John Neumeier und das Hamburg Ballett «Ghost Light» wenige Wochen nach der Uraufführung im Oktober 2020 nach Baden-Baden brachten, war die Pandemie, wie wir heute wissen, noch lange nicht vorbei. Aber wir hegten irgendwie Hoffnung. «Ghost Light» war eines jener wenigen neuen Tanzstücke, die wir im Herbst nach dem Lockdown vom Frühjahr 2020 sehen konnten. Es war...
Menschen wirken auf Räume ein, gestalten sie, eignen sie sich an und hinterlassen Spuren. Gleichermaßen wirkt der Raum auf den Menschen ein, ermöglicht Begegnung, aber verhindert sie auch. Diese Wechselbeziehung zwischen Raum und Mensch gilt für alle Räume, sei es ein Sakralraum, ein Theater, das eigene Zimmer, eine Schrebergartenkolonie oder eben der städtische...
