Dortmund: Xin Peng Wang: «Faust I – Gewissen»
Wen interessiert der mürrisch-alte Faust? Es ging doch immer schon um Mephisto: den Geist, der das Böse will, und behauptet, stets das Gute zu schaffen. Dieser Widerspruchskerl hat nun Xin Peng Wang verführt. Für den Choreografen ist der Teufel quirlig wie ein ADHS-Teenager, sexy und begeistert-bös. Gott gibt ihm den Faust als Spielfigur, einen bebrillt-zauseligen Grauschopf, den – kleiner Choreografenscherz – ein Hexenschuss plagt.
Auf den Gliedern von Faust-Tänzer Harold Quintero lastet bleischwer die Intellektuellen-Schlappe: Das Innerste der Welt will sich ihm partout nicht offenbaren, mag er sich in manischer Selbstumdrehung scheinbar noch so tief in den Bühnenboden bohren. Mephisto umschwirrt ihn als Fliegenluzifer, schnörkelt die Hände wie ein Taschenspieler und packt sich den Faust’schen Denkerkopf, um ihn spöttisch hin und her zu werfen. Der gerade mal 20-jährige Dann Wilkinson ist ein fantastischer Mephisto, eine Entdeckung! Elegant-erotisch und exzentrisch, immer auch ein bisschen lächerliches Belzebübchen, das am Ende zu Rammstein-Rock triumphal abhottet. Zuvor hat sich Faust im Bilderrahmen verjüngt und verwandelt – in den Tänzer Javier Cacheiro Alemán, der so brav ...
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Tanz Mai 2016
Rubrik: Kalender und Kritik, Seite 38
von Nicole Strecker
Der Mann kommt auf leisen Sohlen. Plötzlich steht er vor einem, als wäre er unbemerkt aus der Seitenbühne in einen Scheinwerfer-Spot gehuscht – überraschender Auftritt. Ein herzerwärmendes Lächeln, Rasierwasserduft, Jeans und ein blütenweißes, perfekt gebügeltes Hemd, das so neu und irgendwie fremd an ihm aussieht, wie sein künftiger Titel sich anhört:...
Gleich neben dem Kaffeeautomaten, in einer Vitrine, sind sie zu besichtigen, alte Original-Instrumente aus der Münchner Zeit von Dorothee Günther und Carl Orff: Zimbeln, Trommeln und ein auf Halbtöne gestimmtes Xylofon. Zeugnisse einer Tanzschule, die Günther 1924 gegründet hatte mit dem Ziel, schöpferische Kräfte durch umfassende Bildung freizusetzen. Selbst im...
screening
thin skin – marco goecke
Etwas Dünnhäutiges hat er schon, schließlich ist Marco Goecke kein Durchschnittschoreograf wie so viele andere. Seine Stücke, inzwischen mehr als fünfzig an der Zahl, gehen unter die Haut. Nicht zuletzt unter die eigene. Und deshalb haben alle mehr oder weniger erkennbar auch mit seiner Befindlichkeit zu tun, selbst wenn es für...