Crystal Pite (4/18)

Sie ging ihren Weg im Windschatten der Kollegen, aber dafür umso beharrlicher. Bis zum Erreichen eines Alleinstellungsmerkmals: Als einzige Choreografin weltweit arbeitet sie regelmäßig mit klassischen Topkompanien

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Von hinten sind nur zwei blonde Haarschöpfe zu sehen. Der größere gehört der Mutter, der kleinere dem Kind. Es hat eine Weile gedauert, bevor sich die Familie auf eine Sitzordnung verständigt hat. Jetzt haben alle drei ihren Platz gefunden im Parkett des Zürcher Opernhauses: Crystal Pite hat ihren siebenjährigen Sohn auf den Schoß genommen, sein Vater, der Bühnenbildner Jay Gower Taylor, sitzt vor dem Regiepult, wo er mit Argusaugen das Feintuning der Lichteinstellungen überwacht.

Gleich beginnt die Generalprobe von «Emergence», Teil eines Doppelabends, den Christian Spucks Ballett Zürich bei der Premiere am nächsten Tag mit geradezu umwerfender Kunstfertigkeit tanzen wird. Schon die Generalprobe läuft perfekt – fast jedenfalls, wenn es nach der Choreografin geht.

Kommunikationsgenie

Kaum haben sich Owen Beltons Klangwolken verzogen, deren hybrides Bienenstaat- und-Menschenmarsch-Rauschen das Kollektivexperiment von «Emergence» begleitet, schwirrt Crystal Pite auf die Bühne. «You are beautiful, so beautiful», ruft sie den drei Dutzend Tänzern zu. Erst das Kompliment, dann die Kritik. Eine gute Stunde lang feilt sie an jedem, wirklich jedem Detail. Der Assistent liefert die ...

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Tanz April 2018
Rubrik: Menschen, Seite 26
von Dorion Weickmann

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